Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...
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Auf der Reise im Jahr 1769 (1769 - 1770).<br />
Die Trennung am 5. Juni 1769 (nach dem Gregorianischen Kalender bzw. am 25.<br />
Mai nach dem im damals russischen Riga gültigen Julianischen Kalender)<br />
gestaltete sich als gesellschaftliches und vor allem meteorologisch-erhabenes<br />
Ereignis. Als sich unter anderen der spätere Bürgermeister Wilpert, Verleger<br />
Hartknoch samt Frau sowie <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong>s erste weibliche Bekanntschaft,<br />
Madame Busch, bei stürmischen Wetter am Hafen versammelt hatten, wurde das<br />
Schiff von <strong>einer</strong> Sonnenfinsternis als auch von einem Venusdurchgang in die See<br />
geleitet!<br />
Begleitet wurde <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> von Gustav Berens, dem Bruder des Chefs <strong>einer</strong><br />
Rigaer Kaufmannsfamilie, der im Ausland Geschäftskontakte pflegen und eine<br />
Schiffsladung Roggen und Flachs nach Nantes bringen wollte. Solch ein klares<br />
Reiseziel hatte <strong>Herder</strong> nicht, er ließ sich vom Zufall leiten und nachdem er "viel<br />
Abschiedssorgen und Beschäftigungen und Unruhen, daß ich Nachts nicht schlafe,<br />
und den Tag über selbst indem ich umhertaumelte nicht wache" (Brief vom 3. Juni<br />
1769) überwunden hatte, erfuhr er durch "anderthalb Tage Uebelkeiten", dass eine<br />
Seefahrt nicht nur lustig ist. Im Brief vom 18. Juni beschwerte er sich außerdem<br />
über seine missliche Lage - er sei unfähig, "zur See mit dem Kopf zu arbeiten".<br />
Das Fahrzeug legte am 19. Juni 1769 auf der Insel Seeland im Hafen von Helsingör<br />
an, wo die dänische Behörde den Sundzoll kassierte. Diesen musste seit 1450 jedes<br />
ausländische Schiff, das den Sund passierte, an Dänemark zahlen (erst 1857 wurde<br />
der Sundzoll auf diplomatischen Druck anderer europäischer Staaten abgeschafft).<br />
Hier vertrödelte <strong>Herder</strong> seinen Plan, das Schiff zu verlassen, vermutlich um den seit<br />
1751 in Kopenhagen lebenden Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock zu besuchen.<br />
Jetzt war sein Ziel jedoch beschlossen:<br />
"Ich gehe nach Frankreich: eine Nacht vor Helsingör hats entschieden. Ich überließ<br />
mich m<strong>einer</strong> Trägheit, m<strong>einer</strong> Schläfrigkeit, um zwei Tage zu verderben: da mir nichts<br />
leichter gewesen wäre, als von Helsingör nach Koppenhagen zu gehen: wir sind<br />
fortgesegelt: ich fand mich in der See: ich gehe nach Frankreich." ("Journal m<strong>einer</strong><br />
Reise im Jahr 1769")<br />
Auf dem Schiff begann er ein Reisetagebuch zu führen, welches zwar anonym<br />
veröffentlicht wurde und überhaupt davor nur den absolut engsten Vertrauten<br />
bekannt war; allerdings später einmal mit zu seinen bekanntesten Werken und als<br />
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