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Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...

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Lehrer und Prediger in Riga (1764 - 1769).<br />

<strong>Herder</strong> ging also von Königsberg nach Riga.<br />

Seine neue Anstellung fand er – wie gesagt –, durch Hamanns Vermittlung, in der<br />

Domschule. Diese befand sich in der gotischen Hallenkirche des 1211 gegründeten<br />

Dom Sankt Marien und existierte seit dem 16. Jahrhundert. Er unterrichtete als<br />

Hilfslehrer Naturkunde, Mathematik, Geschichte, Französisch und deutschen Stil.<br />

Schon zu Beginn s<strong>einer</strong> Tätigkeit legte er sich selbst die verpflichtende<br />

Überzeugung auf, dass keinesfalls der Zwang, sondern allenfalls der Reiz und die<br />

Freude, die Jugend fessle. "Seine Lehrmethode war so vortrefflich, sein Umgang mit<br />

seinen Schülern so human, daß sie k<strong>einer</strong> Lektion mit größerer Lust beiwohnten als<br />

derjenigen, die von ihm gegeben ward. <strong>Herder</strong> war ein wirklicher Lehrer der Grazie.“,<br />

schrieb <strong>einer</strong> s<strong>einer</strong> Schüler, als er sich rückblickend erinnerte. Zur Verdeutlichung<br />

folgt ein Auszug aus <strong>einer</strong> Schulrede <strong>Herder</strong>s:<br />

„Man sage was man will! so lange ich keinen unmittelbaren Reiz an der Sache sehe,<br />

wähle ich sie nicht, ich treibe sie, um sie getrieben zu haben, und sie wird mir<br />

schwer!“ [...] „der Jüngling“ [...] „bekomt einen Widerwillen an seinem Alter, wo er<br />

gehorchen muß, und windet sich zu seinem Schaden entweder ganz dem Gehorsam<br />

los, oder er theilt sich, und wird ein Heuchler. – Elendes Schicksal! und ihm kanns<br />

abhelfen, wenn man auf die Wißenschaften und Tugend einen Reiz ausbreitet.“ [...]<br />

„Den gelehrtesten Lehrer kann ein Schüler schätzen, aber blos wegen s<strong>einer</strong><br />

Gelehrsamkeit wird er ihm nicht zutrauen; den scharfen Lehrer kann ein Schüler<br />

fürchten, aber er wird ihn fliehen; nur den liebenswürdigen wird er schätzen und<br />

achten und sich ihm überlassen. Er muß auf s<strong>einer</strong> Stirn gleichsam die einfältige und<br />

erhabene Wahrheit eines Vaters lesen können, der nichts spricht, was er nicht denkt,<br />

er muß das liebenswürdige und muntre Herz eines Freundes sehen; - und alsdann<br />

hat der Lehrer alles gewonnen: alles was er vorträgt ist schön; sie folgen ihm auch<br />

auf beschwerlichem Wege, sie hangen an seinen Lippen. O meine Einbildungskraft<br />

verliert sich an so einen reizenden Ort, wo solche Gratie zwischen Lehrer und<br />

Schülern herrscht!“ [...] „Die Schule wird was sie bei den Römern war, ludus, ein<br />

Zeitvertreib, was sie bei den Griechen war, ein Gymnasium, ein Übungsplatz, wohin<br />

die Knaben neugeboren wie der Morgen, und munter wie die Gratien hineilten und<br />

sich gleichsam munter wie eine Blume machten.“<br />

Im Kreuzgang des Doms lag die ebenfalls im 16. Jahrhundert aus der ehemaligen<br />

Klosterbücherei entstandene Stadtbibliothek, an der er als Gehilfe wirkte.<br />

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