Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...
Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...
Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Philosophen. Erste französische Sprach- bzw. eher Schriftkenntnisse sind in dieser<br />
Zeit entstanden.<br />
Da <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> im Haus s<strong>einer</strong> lieben Eltern keine richtige Ruhe zum<br />
Studieren fand, wohnte er ab 1761 sogar bei Trescho. Dieser gewährte ihm<br />
kostenfreie Unterkunft; der junge <strong>Herder</strong> schrieb verschiedene Manuskripte,<br />
größtenteils dumpfe pietistische Erbauungsschriften, von seinem Gastgeber ins<br />
Reine. Dies kam s<strong>einer</strong> weiteren Laufbahn sehr zugute, jedoch war er von seinem<br />
dortigen Aufenthalt offenbar nicht sonderlich begeistert. Als Trescho später für<br />
seine Förderung Dank forderte, widmete ihm <strong>Herder</strong> aus Königsberg die folgenden<br />
Verse:<br />
„Du willst Vereinigung jenseits des Grabes? Du?<br />
Und für gehabte Müh Respekt und Dank dazu?<br />
Ja Dank! Du warst der Stock, der starr das Bäumchen bog,<br />
Das Marterkreuz, an dem der Engel aufwärts flog.“<br />
Bei s<strong>einer</strong> Arbeit lernte <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> den preußischen Regimentschirurgen<br />
<strong>Johann</strong> Christian Schwartz-Erla kennen, dessen Einheit vom siebenjährigen Krieg<br />
heimkehrte und ihr Winterquartier (1761 / 1762) in Mohrungen aufgeschlagen<br />
hatte.<br />
Der Chirurg fand Gefallen an <strong>Herder</strong> und dachte sich, dass der pfiffige junge Kerl<br />
für das Studium der Medizin bestens geeignet sei und ihm ebenfalls dabei nützlich<br />
sein könnte, eine s<strong>einer</strong> medizinischen Abhandlungen ins Lateinische zu<br />
übersetzen. Weiterhin beschloss er ihn zwecks der Behandlung s<strong>einer</strong><br />
Augenkrankheit mit nach Königsberg zu nehmen.<br />
<strong>Herder</strong> litt nämlich ab seinem fünften Lebensjahr lebenslang an <strong>einer</strong> Tränenfistel,<br />
was damals eine sehr schmerzhafte, noch nicht wirksam behandelbare Erkrankung<br />
war, durch welche die Tränenflüssigkeit stets am Abfließen gehindert wurde und<br />
somit aus entzündeten Löchern unter den Augen herauseitern musste.<br />
Als er im Frühjahr 1762, im Alter von 17 Jahren, seine Geburtsstadt verließ, sah er<br />
diese - samt seinen Eltern (sein Vater starb ein Jahr darauf, seine Mutter lebte<br />
noch zehn Jahre) - das letzte Mal im Leben!<br />
9