Fallbeispiel für WU-Vorlesung - Rechtsfragen der elektronischen ...
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DE<br />
11.7.2002 Amtsblatt <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaften C 165/13<br />
53. Außerdem sollten alle Anfor<strong>der</strong>ungen, die sich aus<br />
Rechts- und Verwaltungsvorschriften ergeben, berücksichtigt<br />
werden, da diese einen rechtzeitigen Eintritt in den<br />
relevanten Markt verhin<strong>der</strong>n und folglich die Umstellungsbereitschaft<br />
beeinträchtigen könnten. Verzögerungen<br />
und Hin<strong>der</strong>nisse beim Abschluss von Zusammenschaltungs-<br />
o<strong>der</strong> Kolokationsvereinbarungen, bei <strong>der</strong> Aushandlung<br />
an<strong>der</strong>er Formen des Netzzugangs o<strong>der</strong> beim<br />
Erhalt von Wegerechten <strong>für</strong> eine Netzerweiterung ( 39 )<br />
können z. B. <strong>der</strong> Erbringung neuer Dienste und <strong>der</strong> Errichtung<br />
neuer Netze durch potenzielle Wettbewerber<br />
zunächst einmal im Wege stehen.<br />
54. Hieraus ergibt sich, dass die Angebotsumstellungsflexibilität<br />
nicht nur dazu dient, den relevanten Markt zu definieren,<br />
son<strong>der</strong>n auch die Zahl <strong>der</strong> Marktteilnehmer zu<br />
ermitteln.<br />
2.2.2 Räumlich relevanter Markt<br />
55. Im Anschluss an die Definition des sachlich relevanten<br />
Markts (Produktmarkt) geht es darum, den geografischen<br />
Markt abzugrenzen. Erst wenn die räumliche Dimension<br />
des Produktmarkts bekannt ist, können die NRB die Bedingungen<br />
<strong>für</strong> einen echten Wettbewerb auf dem betreffenden<br />
Markt ordnungsgemäß würdigen.<br />
56. Nach ständiger Rechtsprechung umfasst <strong>der</strong> räumlich relevante<br />
Markt ein Gebiet, in dem die Unternehmen bei<br />
den relevanten Produkten an Angebot und Nachfrage<br />
beteiligt sind und die Wettbewerbsbedingungen einan<strong>der</strong><br />
gleichen o<strong>der</strong> hinreichend homogen sind und von Nachbargebieten<br />
unterschieden werden können, in denen erheblich<br />
an<strong>der</strong>e Wettbewerbsbedingungen bestehen ( 40 ).<br />
Für die Definition des geografischen Marktes ist es nicht<br />
erfor<strong>der</strong>lich, dass die Wettbewerbsbedingungen zwischen<br />
Anbietern und Händlern vollkommen homogen sind. Es<br />
reicht aus, dass diese Bedingungen einan<strong>der</strong> gleichen o<strong>der</strong><br />
hinreichend homogen sind. Somit können nur Gebiete, in<br />
denen die objektiven Wettbewerbsbedingungen „heterogen“<br />
sind, nicht als einheitlicher Markt angesehen werden<br />
( 41 ).<br />
57. Die Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes erfolgt<br />
in <strong>der</strong>selben Weise wie die Würdigung <strong>der</strong> Nachfrageund<br />
Angebotssubstituierbarkeit als Reaktion auf eine relative<br />
Preiserhöhung.<br />
58. Was daher die Nachfragesubstituierbarkeit betrifft, sosollten<br />
die NRB vor allem die Präferenzen <strong>der</strong> Verbraucher<br />
sowie <strong>der</strong>en geografische Kaufgewohnheiten untersuchen.<br />
Denn es können insbeson<strong>der</strong>e sprachliche Gründe sein,<br />
wenn bestimmte Dienste nicht in verschiedenen Sprachgebieten<br />
verfügbar sind o<strong>der</strong> vermarktet werden. Was die<br />
Angebotsumstellungsflexibilität betrifft, so sollte die<br />
Marktdefinition, wenn Betreiber, die gegenwärtig auf<br />
dem relevanten Markt noch nicht tätig o<strong>der</strong> präsent sind,<br />
nachweislich aber bei einer relativen Preiserhöhung<br />
schnell in diesen Markt eintreten werden, auf diese „Outsi<strong>der</strong>“<br />
ausgedehnt werden.<br />
<strong>Vorlesung</strong>smaterialien Seite 16<br />
59. Im Bereich <strong>der</strong> <strong>elektronischen</strong> Kommunikation ist <strong>der</strong><br />
räumlich relevante Markt bisher aufgrund von zwei wesentlichen<br />
Kriterien bestimmt worden ( 42 ):<br />
a) dem von einem Netz erfassten Gebiet ( 43 ) und<br />
b) den bestehenden Rechts- und an<strong>der</strong>en Verwaltungsinstrumenten<br />
( 44 ).<br />
60. Anhand dieser beiden wesentlichen Kriterien ( 45 ) können<br />
die geografischen Märkte als lokal, regional, national o<strong>der</strong><br />
län<strong>der</strong>übergreifend <strong>für</strong> Gebiete, die sich auf zwei o<strong>der</strong><br />
mehrere Län<strong>der</strong> erstrecken, bezeichnet werden (z. B. paneuropäische,<br />
europaweite o<strong>der</strong> globale Märkte).<br />
2.2.3 An<strong>der</strong>e Fragen <strong>der</strong> Marktdefinition<br />
61. Zum Zweck <strong>der</strong> Ex-ante-Regulierung kann in bestimmten<br />
Ausnahmefällen <strong>der</strong> relevante Markt nach Strecken abgegrenzt<br />
werden. Bei <strong>der</strong> Untersuchung <strong>der</strong> räumlichen Dimension<br />
von Märkten <strong>für</strong> internationale elektronische<br />
Kommunikationsdienste an Endverbraucher o<strong>der</strong> Diensteanbieter<br />
kann es ratsam sein, Län<strong>der</strong>- o<strong>der</strong> Städtepaare<br />
als geson<strong>der</strong>te Märkte zu behandeln ( 46 ). Von <strong>der</strong> Nachfrageseite<br />
her betrachtet, ist die Zustellung eines Anrufs<br />
in einem Land selbstverständlich kein Substitut <strong>für</strong> die<br />
Zustellung desselben Anrufs in einem an<strong>der</strong>en Land.<br />
Die Frage, ob indirekte Übertragungsdienste, also die<br />
Um- o<strong>der</strong> Durchleitung desselben Anrufs über ein Drittland,<br />
wirkliche Angebotssubstitute sind, hängt allerdings<br />
von den Beson<strong>der</strong>heiten des Marktes ab und sollte je<br />
nach Fall entschieden werden ( 47 ). Allerdings hätte ein<br />
Markt <strong>für</strong> ein Diensteangebot auf einer bilateralen Strecke<br />
lediglich nationale Tragweite, da das Angebots- und<br />
Nachfragemuster an den beiden Endpunkten <strong>der</strong> Strecke<br />
aller Voraussicht nach den unterschiedlichen Marktstrukturen<br />
entsprechen würde ( 48 ).<br />
62. In ihrer Bekanntmachung über die Marktdefinition<br />
machte die Kommission auf bestimmte Fälle aufmerksam,<br />
in denen die Grenzen des relevanten Marktes soweit gesteckt<br />
werden können, dass Produkte o<strong>der</strong> geografische<br />
Gebiete erfasst werden, die zwar nicht unmittelbar austauschbar<br />
sind, aber wegen <strong>der</strong> sogenannten „Substitutionsketten“<br />
( 49 ) in die Marktdefinition einbezogen werden<br />
sollten. Substitutionsketten liegen vor, wenn nachgewiesen<br />
werden kann, dass zwar die Produkte A und C nicht<br />
unmittelbar austauschbar sind, das Produkt B aber ein<br />
Substitut sowohl <strong>für</strong> das Produkt A als auch <strong>für</strong> das<br />
Produkt C ist und folglich die Produkte A und C demselben<br />
Produktmarkt zugeordnet werden können, da <strong>der</strong><br />
Preis dieser Produkte durch die Substitutionsmöglichkeit<br />
aufgrund des Produktes B beeinflusst werden könnte. Dieselben<br />
Überlegungen gelten <strong>für</strong> die Definition des räumlich<br />
relevanten Marktes. Wegen <strong>der</strong> Gefahr einer zu großen<br />
Ausdehnung des relevanten Marktes sollte die Existenz<br />
von Substitutionsketten allerdings hinreichend nachgewiesen<br />
werden ( 50 ).