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Fallbeispiel für WU-Vorlesung - Rechtsfragen der elektronischen ...

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Ist nun aber Annahme 2 nicht bzw. nicht annähernd gegeben, so kommt es <strong>für</strong> die Entscheidung<br />

über einen allfälligen Markteintritt nicht mehr primär auf die gegenwärtigen Preise an,<br />

als vielmehr auf die im Falle eines erfolgten Marktzutritts und nach etwaigen preislichen Reaktionen<br />

<strong>der</strong> bereits am Markt etablierten Anbieter noch realisierbaren Preise und Gewinne.<br />

Bei ständigen Marktein- und austritten käme es zudem zu einer erheblichen Verunsicherung<br />

<strong>der</strong> Konsumenten gegenüber Angeboten alternativer Betreiber. Effektiver Wettbewerb, <strong>der</strong><br />

von <strong>der</strong> bloßen Drohung potentieller Konkurrenz ausgehen soll, erscheint unter diesen Bedingungen<br />

als eine unrealistische Annahme.<br />

Da diese Modellkritik mittlerweile auch überwiegend von <strong>der</strong> einschlägigen industrie- und<br />

wettbewerbsökonomischen Literatur geteilt wird (inter alia George et al. (2000), S. 279ff. und<br />

Borrmann/Finsinger (1999), S. 301ff. aber auch Tirole (2000), Armstrong et al. (1998), S.<br />

103ff., Viscusi et al. (2000), S. 161), ist dieses Modell als politisches Leitbild zur Beurteilung<br />

von Marktmacht auf Kommunikationsmärkten heute nur mehr von geringer Relevanz.<br />

In engem Kontext zur Bestreitbarkeit von Märkten steht die Frage nach <strong>der</strong> unternehmerischen<br />

Rationalität von Verdrängungspreisstrategien („predatory pricing“). Denn je höher die<br />

bereits getätigten versunkenen Investitionen alternativer Wettbewerber ausfallen, desto höher<br />

werden auch die potentiellen Marktaustrittskosten, was die Erfolgsaussichten von Verdrängungsstrategien<br />

wie<strong>der</strong>um min<strong>der</strong>t. Insofern würden Investitionen in die<br />

Infrastruktur, soweit diese eben ökonomisch sinnvoll getätigt werden können, die Notwendigkeit<br />

von regulatorischer Basisregulierung reduzieren.<br />

Insgesamt kann daher auf das Funktionieren <strong>der</strong> Bestreitbarkeit bzw. auf die disziplinierenden<br />

Effekte <strong>der</strong> potentiellen Konkurrenz nicht vertraut werden, die Marktbarrieren sind daher<br />

auch auf dem gegenständlichen Markt nicht vernachlässigbar. So stünde potentielle Konkurrenz<br />

insbeson<strong>der</strong>e auch in Wi<strong>der</strong>spruch mit dem nach wie vor jedenfalls in Ausschnitten zugunsten<br />

<strong>der</strong> Telekom Austria existierenden höheren Preisniveau.<br />

2.1.4. Preise<br />

Das Verhalten am Markt umfasst auch die Preissetzungspolitik eines Unternehmens. Die<br />

Preissetzungspolitik eines Unternehmens ist ein wesentlicher ökonomischer Verhaltensparameter<br />

und kann daher auch <strong>für</strong> die Beurteilung von Marktmacht relevant sein. So geben zB<br />

Preisbewegungen im Zeitverlauf, vorhandene Preisdifferentiale zwischen einzelnen Betreibern<br />

und beobachtete Preisreaktionsmuster wesentliche Hinweise auf die am Markt vorhandene<br />

Wettbewerbsintensität.<br />

In <strong>der</strong> bisherigen Regulierungspraxis <strong>der</strong> Genehmigung <strong>der</strong> Entgelte <strong>der</strong> TA wurde zwischen<br />

Grundentgelten, die die Kosten des Zugangsnetzes decken müssen, und den Verbindungsentgelten,<br />

die die auf sie entfallenden Kosten des Kernnetzes decken müssen, unterschieden.<br />

Im Gegensatz zur Vergleichssituation auf den Märkten <strong>für</strong> Inlandsgespräche kann die Telekom<br />

Austria auf dem gegenständlichen Markt bei stabil bleibenden Marktanteilen jedenfalls<br />

in Ausschnitten höhere Preisniveaus aufrechterhalten. Diese höheren Preisaufschläge gehen<br />

jedoch im Gegensatz zum Markt <strong>für</strong> Privatkunden auf dem vorliegenden Markt <strong>für</strong> Nichtprivatkunden<br />

deutlich weniger auf Kosten niedrigerer Marktanteilsniveaus (vgl. ON 25, Kapitel<br />

5.1.3.). Die Marktanteile <strong>der</strong> TA auf dem gegenständlichen Markt sind daher beträchtlich<br />

höher als auf dem Markt <strong>für</strong> Auslandsgespräche von Privatkunden.<br />

Auch auf dem gegenständlichem Markt verschiebt sich die eigentliche Wettbewerbsproblematik<br />

in den Fragenkomplex „Produktbündelung“ bzw. <strong>der</strong> Übertragung von Marktmacht („leveraging“)<br />

sowie „excessive pricing“. Telekom Austria, das als einziges Unternehmen flächendeckend<br />

als Komplettanbieter (Anschluss- und Verbindungsleistungen) agiert, entsteht<br />

genau dadurch ein relativer Vorteil in den Preisgestaltungsmöglichkeiten. Weiters muss dem<br />

11<br />

<strong>Vorlesung</strong>smaterialien Seite 62

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