Fallbeispiel für WU-Vorlesung - Rechtsfragen der elektronischen ...
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Zur Frage <strong>der</strong> Verwendung von Preisen (Umsatzmarktanteilen) o<strong>der</strong> von Mengenwerten<br />
(Verkehrsmengen je Zeiteinheit) bei <strong>der</strong> Berechnung von Marktanteilen auf dem gegenständlichen<br />
Markt hat die Telekom-Control-Kommission wie folgt erwogen:<br />
Preise spiegeln die die tatsächliche Preissetzungsmacht eines Unternehmens wi<strong>der</strong>. Durch<br />
die Fähigkeit, Preise über dem Wettbewerbsniveau aufrecht erhalten zu können, erlangt ein<br />
Unternehmen die Möglichkeit, höhere Umsätze zu generieren und damit zu einem verbesserten<br />
Betriebsergebnis beizutragen.<br />
Das Abstellen auf Mengenwerte alleine würde hingegen nicht auf die je nach Tarif unterschiedlichen<br />
Minutenpreise (z.B. peak – off peak) reflektieren. Es würde daher nicht auf die<br />
tatsächlich auf Grund <strong>der</strong> unterschiedlichen Preise generierten Umsätze abgestellt werden.<br />
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ein Abstellen auf die Preise alleine etwaige höhere<br />
Kosten nicht reflektieren würde. In diesem Fall würden erhöhte Preise nicht zu einem Gewinn<br />
über Wettbewerbsniveau führen (da eben entsprechend höhere Kosten gegenüber stehen).<br />
Die Telekom-Control-Kommission stellt daher primär auf die jeweils erzielten Umsatzmarktanteile<br />
ab, bezieht allerdings die erzielten Mengenwerte (hier Minutenanteile) in die Betrachtung<br />
mit ein.<br />
Da die größten vier am Nichtprivatkundenmarkt tätigen Anbieter (inklusive Telekom Austria)<br />
mehr als 85 % <strong>der</strong> Umsatzmarktanteile auf sich vereinigen und sich die Marktanteile <strong>der</strong> Telekom<br />
Austria seit dem Jahr 2002 nach wie vor deutlich in einer Höhe über 60 % <strong>der</strong> in Umsätzen<br />
gemessenen Marktanteile stabilisiert haben, spricht dieser Marktmachtindikator deutlich<br />
<strong>für</strong> das Vorliegen von beträchtlicher Marktmacht.<br />
Bei <strong>der</strong> Beurteilung des Vorliegens von beträchtlicher Marktmacht aufgrund <strong>der</strong> Verteilung<br />
<strong>der</strong> Marktanteile ist gemäß <strong>der</strong> Rechtsprechung <strong>der</strong> EK auch auf die Verteilung <strong>der</strong> Marktanteile<br />
<strong>der</strong> Wettbewerber, insbeson<strong>der</strong>e auch auf den Abstand zum nächstgrößten Wettbewerber<br />
abzustellen. In Umsätzen gemessen liegt <strong>der</strong> Marktanteil von TA viermal über dem des<br />
nächstgrößeren Unternehmens.<br />
Zum Vorbringen <strong>der</strong> TA (ON 30, S 3), dass das Marktanalyse-Gutachten keine wettbewerbsrechtlichen<br />
Hintergrundüberlegungen enthalte, führt die Telekom-Control-Kommission aus,<br />
dass solche Überlegungen nicht Bestandteil des Gutachtensauftrages waren, da diese Frage<br />
bereits mit <strong>der</strong> Marktdefinition entschieden war. Eines <strong>der</strong> Kriterien <strong>für</strong> die Aufnahme eines<br />
Marktes in die Liste <strong>der</strong> <strong>der</strong> ex ante Kontrolle zugänglichen Sektormärkte gründet in <strong>der</strong> Unzulänglichkeit<br />
von Maßnahmen des allgemeinen Wettbewerbsrechts (Märkteempfehlung <strong>der</strong><br />
EK, drittes Kriterium). Allfällige diesbezügliche Überlegungen sind daher im Stadium <strong>der</strong><br />
Feststellung von beträchtlicher Marktmacht nicht mehr anzustellen. Wie sich aus dem Gutachtensauftrag<br />
vom 20.10.2003 ergibt, handelt es sich um ein ökonomisches Gutachten. Im<br />
En<strong>der</strong>gebnis kann diesem Vorbringen von TA unter Verweis auf die obigen Ausführungen<br />
nicht gefolgt werden.<br />
Zum Vorbringen <strong>der</strong> TA, dass durch die zunehmende wirtschaftliche Bedeutung des Mobilnetzbetriebes<br />
weiterer Wettbewerbsdruck auf das Festnetz (ON 20, S 128 und S 135) ausgeübt<br />
würde, ist auszuführen, dass dieses Argument <strong>der</strong> TA die Frage <strong>der</strong> Marktabgrenzung<br />
zwischen Festnetz- und Mobilnetzmärkten auf allgemeinem Niveau berührt. Die Telekom-<br />
Control-Kommission verweist in diesem Punkt auf die Ausführungen zu Punkt D 3 dieses<br />
Bescheides (Bindung an die Märkteabgrenzung <strong>der</strong> TKMVO 2003). Auch dem Vorbringen<br />
<strong>der</strong> TA in Bezug auf die getroffene Marktabgrenzung zwischen Inlands- und Auslandsmärkten<br />
(ON 20, S 132), den Auswirkungen des Verbindungsnetzbetriebes auf die Verbindungsmärkte<br />
(ON 20, S 132) und in Bezug auf SMS und E-Mail (ON 20, S 136) ist unter Verweis<br />
auf die mit <strong>der</strong> TKMVO 2003 erfolgte Marktabgrenzung entgegen zu treten.<br />
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<strong>Vorlesung</strong>smaterialien Seite 177