Fallbeispiel für WU-Vorlesung - Rechtsfragen der elektronischen ...
Fallbeispiel für WU-Vorlesung - Rechtsfragen der elektronischen ...
Fallbeispiel für WU-Vorlesung - Rechtsfragen der elektronischen ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Zur Frage <strong>der</strong> horizontalen Marktmachtübertragung:<br />
Zum Thema horizontale Markmachtübertragung führt Telekom Austria unter Berufung auf Dr.<br />
Koboldt nunmehr neuerlich aus, dass auf dem gegenständlichen Markt keine solche vorliegen<br />
könne. Dieses Vorbringen erscheint <strong>der</strong> Telekom-Control-Kommission auch nunmehr<br />
nicht überzeugend: Dr. Koboldt führt in seinem Gutachten aus, dass auf dem gegenständlichen<br />
Markt angesichts <strong>der</strong> bestehenden Vorleistungsregulierungen eine Marktmachtübertragung<br />
durch Bündelung praktisch auszuschließen sei (Z 40 seines Gutachtens).<br />
Von beson<strong>der</strong>em Interesse ist nun aber, dass Dr. Koboldt in seinem <strong>für</strong> die Europäische<br />
Kommission 2003 erstellten Expertenpapier "Regulatory obligations to be imposed on operators<br />
with significant market power: narrowband services“, (Koboldt, 2003) diverse und konkrete<br />
Wirkungsmechanismen und Möglichkeiten einer horizontalen Marktmachtübertragung<br />
einräumt bzw. anerkennt.<br />
Ein Vergleich <strong>der</strong> ON 84 und des <strong>für</strong> die Europäische Kommission 2003 erstellten Expertenpapiers<br />
bringt teilweise diametral entgegen gesetzte Aussagen hervor: ON 84 bringt klar<br />
zum Ausdruck, dass „eine Marktmachtübertragung durch Bündelung praktisch<br />
aus[zu]schließen sei“ (Z 40), bzw. dass echte Kampfpreise aus wirtschaftlicher Sicht nicht<br />
rational seien (Z 41). Im genannten Expertenpapier heißt es hingegen in Bezug auf horizontale<br />
Marktmachtübertragung: „At the retail level, the incumbent might engage in bundling of<br />
access and call services in a way that discourages its access customers from obtaining call<br />
services from other provi<strong>der</strong>s, thus trying to un<strong>der</strong>mine the effects of CS and CPS obligations.<br />
For example, the incumbent might offer a bundle of free or heavily discounted call minutes<br />
with its line rental in exchange for a higher access charge, which might make its own<br />
offering more attractive than the alternative of buying calls from an CS or CPS operator. In<br />
addition, the incumbent might try to increase customer switching costs e.g. by requiring customers<br />
to sign long-term contracts if they want to take advantage of particular offers. Bundling<br />
might also be used in or<strong>der</strong> to carry incumbency advantages in the provision of narrowband<br />
services over into the broadband services market“ (Koboldt aaO, S. 11-12).<br />
Die Telekom-Control-Kommission sieht sich angesichts <strong>der</strong> im Zeitverlauf hervortretenden<br />
offenen Wi<strong>der</strong>sprüche des von Telekom Austria betrauten Gutachters außerstande, den abstrakt<br />
gehaltenen Überlegungen in ON 84 hinsichtlich <strong>der</strong> angeblich nicht gegebenen Möglichkeiten<br />
zur horizontalen Marktmachtübertragung näher zu treten.<br />
Im Übrigen hält auch die ERG (ERG Common Position on the approach to appropriate remedies<br />
in the new regulatory framework), http://www.erg.eu.int/documents/index_en.htm#ergdocumentsin,<br />
wie folgt fest (ON 33, S 36): „An example for anti-competitive<br />
bundling might be an operator with SMP on the retail market for access to the public (fixed)<br />
telephone network, bundling the access product with a package of call minutes. As this is a<br />
bundle between an SMP product (access) and a potentially competitive product (call services),<br />
the two products are positively correlated in demand, and as the bundle cannot be<br />
replicated by (most) alternative operators, competitive concerns may arise.” Die ERG spricht<br />
hiermit klar die wettbewerbliche Bedeutung von positiv korrelierten Bündelprodukten an. Ist<br />
ein Bündel <strong>für</strong> Mitbewerber demzufolge we<strong>der</strong> technisch noch wirtschaftlich replizierbar, so<br />
besteht bei positiv korrelierter Nachfrage die Gefahr <strong>der</strong> Marktmachtübertragung. Gerade<br />
dieses Kriterium ist <strong>der</strong>zeit und innerhalb des hier relevanten Zeitraums von ca. ein bis zwei<br />
Jahren hinsichtlich <strong>der</strong> <strong>für</strong> den gegenständlichen Markt relevanten Zugangs- und Verbindungsleistungen<br />
erfüllt.<br />
Für den Incumbent besteht also ein Anreiz, <strong>der</strong>artige Preis- bzw. Produktbündelungen zu<br />
forcieren, was sich empirisch auch gut belegen lässt (ON 84). So kam es seit dem Tarifgenehmigungsverfahren<br />
<strong>der</strong> Telekom-Control-Kommission zu G 07/2003 zu diversen Erhöhungen<br />
im Grundentgeltbereich bei gleichzeitigen Absenkungen <strong>der</strong> „expliziten“ Verbindungs-<br />
30<br />
<strong>Vorlesung</strong>smaterialien Seite 166