Die Schattenfrau - Band 1 - Arcor.de
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27.06.2001 – 14.48 Uhr<br />
Maria stand von <strong>de</strong>r Sonnenliege auf. Sie fühlte sich rundum zufrie<strong>de</strong>n und ließ sich einfach<br />
treiben. Es war gleichgültig, ob sie wie<strong>de</strong>r in die Wohnung ging, weil es außen zu heiß wur<strong>de</strong>,<br />
o<strong>de</strong>r ob sie jetzt weiter schrieb o<strong>de</strong>r nicht. Sie dachte über ein Gespräch nach, das sie mit<br />
einer Bekannten geführt hatte. Es ging um Körperkult.<br />
Maria hatte immer wie<strong>de</strong>r Davids Worte in <strong>de</strong>n Ohren, dass alle Menschen so leicht manipulierbar<br />
seien.<br />
„Wenn die Mo<strong>de</strong> bestimmt, dass die Menschen dünn sein sollen, dann wollen alle dünn sein. Und<br />
wenn die Mo<strong>de</strong> bestimmt, dass die Menschen dick sein sollen, dann wollen alle dick sein. Ihr habt<br />
einfach keine eigene Meinung!“, sagte David immer wie<strong>de</strong>r.<br />
Maria wusste, dass sie damit angesprochen war. Sie hatte auch keine eigene Meinung.<br />
27.06.2001 – 17.30 Uhr<br />
David telefonierte schon wie<strong>de</strong>r und Maria fühlte sich dadurch beim Schreiben ein wenig<br />
gestört. Sie musste versuchen, sich auf ihre Gedanken zu konzentrieren. Obwohl sie<br />
bemerkte, dass ihre Gedanken immer wie<strong>de</strong>r mit Davids Worten verschmolzen, hatte sie<br />
Schwierigkeiten, nicht <strong>de</strong>n Fa<strong>de</strong>n zu verlieren.<br />
Sie war mit ihren Gedanken bei <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>. Sie konnte sich an ein Gespräch mit einer<br />
Bekannten über Schönheitsi<strong>de</strong>ale erinnern. Maria wusste, dass auch sie eine Gefangene ihrer<br />
Logik war. Auch sie war eine Mitläuferin.<br />
Hey, Maria, woher willst Du wissen, welches Schönheitsi<strong>de</strong>al in Mo<strong>de</strong> ist?<br />
Maria dachte einen Moment darüber nach. Also, wenn ich mich recht erinnere, sehe ich in<br />
Katalogen, Zeitschriften und im Fernsehen junge, schlanke, sportliche und dynamische<br />
Menschen. Dann müsste das doch das Schönheitsi<strong>de</strong>al sein?<br />
Du bist wie<strong>de</strong>r mal auf <strong>de</strong>n Irrtum <strong>de</strong>s Materialismus hereingefallen, Maria! Was siehst Du<br />
wirklich? Du schaust auf ein mit Farbe bespritztes Stück Papier! Sagt Dir dieses Anordnungsraster<br />
wirklich, das sei eine bestimmte Schauspielerin? Und schaust Du beim<br />
Fernsehen nicht nur auf eine Glasplatte, auf <strong>de</strong>r sich angeblich Lichtstrahlen mit großer<br />
Geschwindigkeit hin und her bewegen?<br />
Ja, ich weiß, seufzte Maria leise auf. Ich bin schon wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Irrtum erlegen, dass es eine<br />
Außenwelt gibt. Aber in meiner kleinen Welt sehe ich nur schlanke Menschen. Okay, ich höre<br />
auch von Bekannten, dass sie mit Gewichtsproblemen zu kämpfen haben. Das ist meine<br />
scheinbar realistische Welt.<br />
Aber ich weiß auch, dass ich mich immer wie<strong>de</strong>r selbst belüge, wenn ich behaupte, dass<br />
es mir egal sei, was die Masse macht. Ich selbst gehöre doch auch dazu!<br />
Sicher Maria, aber Selbsterkenntnis ist <strong>de</strong>r Weg zur Besserung. Warum treibst Du zur Zeit<br />
Sport?<br />
<strong>Die</strong> <strong>Schattenfrau</strong> - <strong>Band</strong> 1 163