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Die Schattenfrau - Band 1 - Arcor.de

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Du musst nur Dich verstehen, mel<strong>de</strong>te sich <strong>de</strong>r Beobachter. Ich bin doch Dein Prüfungslehrer.<br />

Du kannst alle belügen, Dich selbst belügen, aber mich nicht, meine Liebe. Ich frage<br />

Dich ab, ob Du es wirklich begriffen hast. Ich merke doch sofort, was an Dir vorbei rauscht<br />

und was Du wirklich nachvollziehen kannst. Du kannst mich nicht hinters Licht führen,<br />

Maria. Versuche es erst gar nicht!<br />

Mit hochrotem Kopf versuchte sich Maria wie<strong>de</strong>r zu sammeln. Nein, sie wür<strong>de</strong> niemals ihren<br />

Beobachter anlügen, sagte sie immer wie<strong>de</strong>r vor sich hin.<br />

28.02.2001 – 19.15 Uhr<br />

<strong>Die</strong>s ist heute Dein letztes Kapitel, dachte sich Maria. Eigentlich scha<strong>de</strong>, dass sie aufhören<br />

musste zu schreiben. Hatte sie doch noch so viele Dinge im Kopf, die unbedingt noch<br />

aufgeschrieben wer<strong>de</strong>n mussten.<br />

Dummkopf, sagte ihr Beobachter.<br />

Maria verstand, dass sie sich nicht an Gedanken klammern konnte. Sie schaute auf <strong>de</strong>n Bildschirm<br />

und ent<strong>de</strong>ckte, dass sie innerhalb kürzester Zeit schon so viel aufgeschrieben hatte.<br />

Der Beobachter lässt Dich nicht im Stich, kam in ihr eine Stimme hoch. Keine Angst, ich bin<br />

noch lange nicht mit Dir fertig – und es folgte ein Lachen in ihrem Kopf.<br />

Unwillkürlich musste auch Maria lächeln. Ja, hatte sie da nicht in einer vermuteten<br />

Vergangenheit einen Mitspieler namens Rudolf?<br />

Sie blieb an einer Stelle in ihrem Lebenstraum stehen. Ja, Rudolf! Auch er hatte massive<br />

Probleme damit, Gedanken festzuhalten. Alles Gesagte musste mit einem Diktiergerät festgehalten<br />

wer<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong>r Gedanke, je<strong>de</strong> Vision musste er aufschreiben, diktieren o<strong>de</strong>r Notizen<br />

davon machen. Er befand sich nie im Hier und Jetzt. Rudolf hatte bereits keine Möglichkeit<br />

mehr aus seinem Gedankengespinst heraus zu kommen. Es wur<strong>de</strong> schon zu einer Sucht von<br />

ihm. Er schrieb je<strong>de</strong> Vision auf. Da er Aka<strong>de</strong>miker war und nicht als Spinner dargestellt<br />

wer<strong>de</strong>n wollte, verfasste er seine Schriftstücke unter einem Pseudonym. Maria dachte sich<br />

öfter, dass es schon merkwürdig war, dass Rudolf zwar immer wie<strong>de</strong>r betonte, er müsse Beruf<br />

und Privatleben trennen, er wolle doch nicht als verrückt gelten. Aber ihr fiel auch auf, dass er<br />

immer wie<strong>de</strong>r bei ihr und auch bei an<strong>de</strong>ren Leuten betonte, er habe Visionen. Rudolf schrieb<br />

sehr amüsante Geschichten, die er erlebt hatte. Aber alle Gedanken, die in ihn einströmten,<br />

schrieb er auch auf, so dass es sehr beschwerlich war, ihm zu folgen. Er führte alle Daten an,<br />

selbst die, die schon 10 Jahre und mehr zurück lagen. Es war für ihn sehr schön festzustellen,<br />

dass ihn seine Gedanken immer wie<strong>de</strong>r einholten. Aber dies war eigentlich nur ein Beweis<br />

dafür, dass er sich schon „früher“ alles gedacht hatte, was sich jetzt bestätigte. Rudolf und<br />

seine Familie hatten Decknamen, die Mitmenschen um ihn herum beschrieb er in seinen<br />

Schriftstücken jedoch mit <strong>de</strong>n richtigen Namen.<br />

Leben und leben lassen, dachte sich Maria. Auch sie schrieb unter Pseudonym. Aber alle<br />

Mitspieler in ihrem Lebenstraum benannte sie auch um. <strong>Die</strong>s war kein Akt <strong>de</strong>r Angst, dass<br />

sich jemand darüber hätte aufregen können, nein, ihre Motivation war eine ganz an<strong>de</strong>re. Sie<br />

taufte all ihre Traumgestalten um, da es so unwichtig war, welchen Namen sie trugen. Man<br />

<strong>Die</strong> <strong>Schattenfrau</strong> - <strong>Band</strong> 1 59

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