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Die Schattenfrau - Band 1 - Arcor.de

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Stell Dich nicht so an! Lass Dir nicht anmerken, dass Du schon alles vergessen hattest. Wenn<br />

Du keine Angst hast und an mich glaubst, öffne ich Dein Wissen wie<strong>de</strong>r. Also vertraue mir!<br />

Maria hatte keine an<strong>de</strong>re Möglichkeit, als ihrer inneren Stimmen zu folgen. Sie wollte nicht<br />

ihr Gesicht verlieren und tippte voller Gottvertrauen die ersten Worte, die sie über <strong>de</strong>n<br />

Kopfhörer vernahm, in <strong>de</strong>n Computer. Es klappt doch!, dachte sie sich.<br />

Ihre Kolleginnen waren erstaunt, dass sie sich doch schon nach so kurzer Zeit wie<strong>de</strong>r in das<br />

Geschehen einfand. Maria sagte nichts von ihrem Deal mit ihrer inneren Stimme, da sie sehr<br />

wohl wusste, dass man we<strong>de</strong>r missionieren noch sich über an<strong>de</strong>re erheben sollte. All ihre<br />

Gedanken behielt sie für sich. Wenn sich ihre Kolleginnen über alltägliche Dinge<br />

unterhielten, versuchte sich Maria, so neutral wie es nur ging, am Gespräch zu beteiligen.<br />

Maria befand sich in ihrer Außenwelt. So hatte sie es gewollt und nun musste sie sich auch<br />

wie<strong>de</strong>r zurecht fin<strong>de</strong>n. Sie erlebte diese Zeit wie einen langen Tag. Täglich setzte sie sich ins<br />

Auto und fuhr zu ihrer Arbeitsstelle, wobei sie jeweils noch kurz in ihrem Auto auf <strong>de</strong>m<br />

Parkplatz eine Zigarettenpause machte. Und täglich schaute sie in <strong>de</strong>n Himmel und lächelte<br />

ihrem Beobachter zu.<br />

Maria schmunzelte selbst über <strong>de</strong>n Unsinn, dass sie ihren Beobachter in <strong>de</strong>n Wolken<br />

vermutete, aber sie setzte einfach <strong>de</strong>n Gedanken Davids fort.<br />

Er sagte ihr immer, dass sie hier auf Er<strong>de</strong>n nur eine Marionette sei, wohingegen ihr Geist<br />

es sich in Wirklichkeit auf einer Wolke gemütlich gemacht hätte und sie ständig<br />

beobachtete. Maria gefiel dieser Gedanke. Also konnte sie auch mit ruhigem Gewissen ihrem<br />

Übergeist zuzwinkern.<br />

Sie bemerkte aber schnell, dass sie, je näher sie <strong>de</strong>m Verwaltungstrakt kam, komplett<br />

umschaltete. Sie hatte ihre Marionette Maria aktiviert und ihren Beobachter ruhig gestellt.<br />

Sicherlich mel<strong>de</strong>te er sich auch ab und zu. Aber Maria und er führten einen stillen Dialog,<br />

ohne dass sie es sich anmerken ließen.<br />

In früheren Zeiten hatte sie auch oft unter <strong>de</strong>r Hilflosigkeit von älteren und kranken Menschen<br />

gelitten, die sie in <strong>de</strong>r Klinik sah. Aber jetzt hatte sie einen absolut wertfreien Abstand zu<br />

ihren Bil<strong>de</strong>rn, die sie sich austräumte. Sie sah keine lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Menschen mehr, sehr wohl<br />

noch ihre Ängste. Aber die Diagnosen <strong>de</strong>r Patienten interessierte sie nicht mehr. Nicht, dass<br />

sie gefühlskalt war. Sie hatte endlich zu ihnen einen Abstand gefun<strong>de</strong>n, unter <strong>de</strong>m sie nicht<br />

mehr mit litt. Sie sah die Schönheiten <strong>de</strong>r Menschen und all ihr Leid, aber sie wollte sich nicht<br />

mehr darüber grämen. Sie hatte kein Mitleid mehr, son<strong>de</strong>rn nur noch Mitgefühl. <strong>Die</strong><br />

Gefühlstrennung funktionierte hervorragend bei ihr. Sie freute sich über je<strong>de</strong>n neuen Tag, <strong>de</strong>n<br />

sie dort erleben konnte. Sie lernte viele nette Menschen kennen, da sie sich komplett in ihrer<br />

Einstellung verän<strong>de</strong>rte.<br />

Lächle in einen Spiegel und er lächelt zurück, ziehe eine Fratze und Du siehst eine<br />

Fratze!<br />

<strong>Die</strong>se Worte beherzigte Maria täglich. <strong>Die</strong> Zeit verging wie im Flug und ihr letzter Arbeitstag<br />

näherte sich erschreckend schnell. Maria freute sich wie<strong>de</strong>r auf diese Pause, da man ihr<br />

versichert hatte, sie sofort wie<strong>de</strong>r anzurufen, wenn Arbeit anfiele. An ihrem letzten Tag<br />

verabschie<strong>de</strong>te sie sich ganz herzlich und wünschte sich insgeheim, dass es nicht nur so daher<br />

gesagt war und dass man sie hoffentlich wie<strong>de</strong>r anrufen wür<strong>de</strong>. Maria beobachtete sich ganz<br />

genau. Sie war gefühlsmäßig in einen Stru<strong>de</strong>l geraten. Sie wusste, dass eine kleine Auszeit sie<br />

wie<strong>de</strong>r zu neuen Kräften beflügeln könne und sie hatte wie<strong>de</strong>r so viele Gedanken im Kopf,<br />

was sie als nächstes wie<strong>de</strong>r auf ihre Leinwän<strong>de</strong> produzieren konnte.<br />

Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite war sie doch sehr traurig darüber, dass sie nicht mehr arbeiten konnte.<br />

<strong>Die</strong> große Prüfung für sie war, dass sie wie<strong>de</strong>r „ihre Mitte“ fin<strong>de</strong>n musste. Sie sollte nicht<br />

darunter lei<strong>de</strong>n, dass sie wie<strong>de</strong>r in ihre „alltägliche Lebensschiene“ mit David rutschte.<br />

54 <strong>Die</strong> <strong>Schattenfrau</strong> - <strong>Band</strong> 1

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