23. Sitzung - Abgeordnetenhaus von Berlin
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<strong>Abgeordnetenhaus</strong> <strong>von</strong> <strong>Berlin</strong> – 15. Wahlperiode <strong>23.</strong> <strong>Sitzung</strong> vom 12. Dezember 2002<br />
(A) (C)<br />
(B)<br />
Präsident Momper: Danke schön! Das Wort zur<br />
Beantwortung <strong>von</strong> Seiten des Senats hat Herr Senator<br />
Dr. Flierl. – Bitte schön, Herr Senator Dr. Flierl!<br />
Dr. Flierl, Senator für Wissenschaft und Kultur: Sehr<br />
geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und<br />
Herren! Lieber Kollege Schmidt! Es trifft zu, dass es am<br />
13. November eine <strong>Sitzung</strong> der Kanzler <strong>von</strong> Universitäten<br />
und Fachhochschulen unter der Leitung des Staatssekretärs<br />
in meinem Haus gegeben hat, bei der eine mögliche<br />
Alternative zur Zusatzversorgung der Angestellten und<br />
Arbeiter im öffentlichen Dienst durch Vertreter einer<br />
neuen Zusatzversorgungskasse mit Sitz in Potsdam vorgestellt<br />
wurde. Wir prüfen einen solchen Wechsel seit<br />
längerem auf der Basis anonymisierter Datensätze. Inzwischen<br />
wurden den Universitäten und Hochschulen entsprechende<br />
Gutachten zur weiteren Prüfung übergeben.<br />
Hintergrund des angestrebten Wechsels sind die hohen<br />
und auf absehbare Zeit hin weiter steigenden Beiträge in<br />
der umlagefinanzierten VBL. Ich muss gewiss der FDP<br />
nicht erklären, dass die umlagefinanzierten Sozialsysteme<br />
vor gewissen Risiken stehen. Der Umstieg in kapitalgedeckte<br />
Finanzierungssysteme könnte ein Beitrag zur Sicherung<br />
des Sozialstaats in der Bundesrepublik Deutschland<br />
sein.<br />
Prämissen der Untersuchung eines solchen möglichen<br />
Wechsels sind: 1. Wir streben nicht den Ausstieg aus der<br />
öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung und den Eintritt<br />
in eine private Zusatzversorgung an, sondern wir prüfen<br />
einen Wechsel <strong>von</strong> einer öffentlich-rechtlichen Kasse, der<br />
VBL, zu einer anderen öffentlich-rechtlichen Kasse, die<br />
auf der Grundlage individueller Kapitaldeckung arbeitet<br />
und als Körperschaft öffentlichen Rechts Tarifkonformität<br />
garantiert.<br />
2. Die Sicherheit bestehender und künftiger Leistungsansprüche<br />
<strong>von</strong> Aktiven und Rentnerinnen und Rentnern<br />
muss auf dem gleichen Niveau wie in der VBL gewahrt<br />
bleiben.<br />
3. Die Arbeitgeber müssen mit deutlich geringeren,<br />
stabilen und berechenbaren Beiträgen zur Zusatzversicherung<br />
rechnen können.<br />
4. Es dürfen keine zusätzlichen finanziellen Belastungen<br />
für den Arbeitgeber oder das Land <strong>Berlin</strong> durch den<br />
Wechsel selbst entstehen. Das heißt, der so genannte<br />
Ablösungsfall muss ausscheiden.<br />
Die <strong>von</strong> Ihnen angesprochene NZVK bietet dies an.<br />
Deshalb prüfen wir dies. Erst wenn und insofern dieses<br />
Angebot mit den genannten Prämissen juristischer und<br />
versicherungsmathematischer Prüfung standhält und die<br />
NZVK den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts<br />
mit allen dazu gehörigen Aufsichts- und Kontrollpflichten<br />
erlangt hat, können und werden wir einen solchen Wechsel<br />
empfehlen. Auf jeden Fall müssen dies die Hochschulen<br />
– Sie fragen nach den Hochschulen – selbst in Angriff<br />
1589<br />
nehmen. Wenn dies nicht der Fall ist, wird es <strong>von</strong> uns<br />
keine solche Empfehlung geben. Dann wird es auch keine<br />
Einrichtung unternehmen. In diesem Fall bleibt das Problem<br />
wachsender Beiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
in der VBL bestehen.<br />
Präsident Momper: Herr Kollege Schmidt – eine<br />
Nachfrage? – Dann haben Sie jetzt das Wort!<br />
Schmidt (FDP): Ich habe eine Nachfrage zur Auswahl<br />
gerade dieser Zusatzkasse. Uns liegt ein Schreiben des<br />
Innenministeriums Brandenburg vor, in dem dargelegt<br />
wird, dass die NZVK gerade mit dem Beschluss <strong>Berlin</strong>s<br />
werbe, sich für diese Kasse entschieden zu haben. Weiterhin<br />
wird darin dargelegt, dass noch gar kein Antrag auf<br />
Genehmigung einer Satzung durch die NZVK gestellt<br />
worden sei. Zudem gibt es ein Rundschreiben des Kommunalen<br />
Arbeitgeberverbandes Brandenburg, der gerade<br />
vor der NZVK mit den Worten „rechtlich sehr riskant“<br />
massiv warnt. Aus welchem Auswahlverfahren ist die<br />
NZVK hervorgegangen? Welche Rolle spielte bei der<br />
Auswahl, dass an der Gründung der NZVK auch Bürgermeister<br />
der PDS aus Brandenburg beteiligt waren?<br />
Präsident Momper: Herr Senator Dr. Flierl – bitte!<br />
Dr. Flierl, Senator für Wissenschaft und Kultur: In<br />
der Tat ist es so, dass Brandenburg neue Wege geht und<br />
dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister einiger<br />
Städte einen kommunalen Zweckverband zu gründen<br />
beabsichtigen, um der absehbaren Krise der Sozialversicherungssysteme<br />
durch eigene Anstrengungen entgegenzuwirken.<br />
Dieses Modell ist interessant. Es kann nur<br />
durch in sich schlüssige Plausibilität, die wir derzeit prüfen,<br />
überzeugen. Ein Auswahlverfahren steht deswegen nicht<br />
zur Debatte, weil es nicht um die Auswahl einer Kasse<br />
geht, sondern um die Prüfung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten.<br />
Vergaberechtlich ist im Fall der Wahl<br />
einer Körperschaft öffentlichen Rechts ein anderes Recht<br />
maßgebend als auf dem privaten Versicherungsmarkt.<br />
Insofern stehen hier nur das gute Argument und die Konzeption<br />
selbst zur Diskussion, müssen sich allerdings<br />
auch den kritischen Nachfragen gegenüber behaupten.<br />
Die Entstehungsgeschichte und die Akteure einer solchen<br />
Idee verdienen ausdrückliche Unterstützung, wenn sie<br />
neue Wege gehen. Die FDP wird Alternativen zu den<br />
bisherigen Sozialversicherungssystemen bestimmt mit Interesse<br />
folgen.<br />
Präsident Momper: Herr Schmidt – eine weitere<br />
Nachfrage? – Bitte!<br />
Schmidt (FDP): Ich habe noch eine Frage zum Verständnis<br />
des Senats zu der Rolle der Universitäten in<br />
diesem Prozess. Welches Ziel verfolgen Sie mit den Empfehlungen,<br />
einen Kassenwechsel durch die Universitäten<br />
vornehmen zu lassen? Wollen Sie, dass damit Ausgaben<br />
eingespart werden können und der Landeshaushalt entlas-<br />
(D)