10.12.2012 Aufrufe

23. Sitzung - Abgeordnetenhaus von Berlin

23. Sitzung - Abgeordnetenhaus von Berlin

23. Sitzung - Abgeordnetenhaus von Berlin

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Abgeordnetenhaus</strong> <strong>von</strong> <strong>Berlin</strong> – 15. Wahlperiode <strong>23.</strong> <strong>Sitzung</strong> vom 12. Dezember 2002<br />

(A) (C)<br />

(B)<br />

[Beifall bei den Grünen und der PDS –<br />

Vereinzelter Beifall bei der SPD]<br />

Die Forderung ist doch wirklich eine Banalität, dass<br />

man die Bevölkerung, in deren Umfeld ein solcher Raum<br />

eingerichtet werden soll, mit einbezieht. Insofern ist die<br />

Aussage richtig, dass es eine wirksame Drogenpolitik<br />

unter Einbeziehung des Konzepts <strong>von</strong> Drogenkonsumräumen<br />

nur dort passieren kann, wo auch die Akzeptanz<br />

der Bevölkerung zum Betrieb dieser Räume gewährleistet<br />

ist. Das ist eine Banalität, aber dazu brauche ich kein<br />

förmliches Beteiligungsverfahren, das im Moment, so wie<br />

ich das jedenfalls sehe, nach dem Bezirksverwaltungsgesetz<br />

gar nicht ginge.<br />

[Zuruf des Abg. Hahn (FDP)]<br />

Man muss um die politische Akzeptanz werben. Und<br />

jeder, der dieses Konzept erfolgreich umsetzen will, wird<br />

gut daran tun, das auch in die Tat umzusetzen.<br />

[Zuruf der Frau Abg. Herrmann (CDU)]<br />

Ich bin auch da<strong>von</strong> überzeugt, dass diejenigen, die ein<br />

Interesse daran haben, hier tatkräftig mitarbeiten werden,<br />

um die Bevölkerung da<strong>von</strong> zu überzeugen, dass es notwendig<br />

ist.<br />

Ich habe, Frau Knake-Werner, mit Interesse zur<br />

Kenntnis genommen, dass Sie zwei feste und einen mobilen<br />

Drogenkonsumraum einrichten wollen. Das ist schon<br />

durch die Presse gegangen. Es ist aber, glaube ich, noch<br />

nicht – und da fordere ich Sie auf, das tatsächlich zu<br />

tun –,die Regelfinanzierung für diese Einrichtungen sichergestellt,<br />

ohne diejenigen Mittel zu beschneiden, die<br />

für das Drogenhilfeprogramm in <strong>Berlin</strong> zur Verfügung<br />

stehen und ohne die notwendige Präventionsarbeit, die<br />

hier geleistet wird, zu schmälern. Da hat Herr Czaja<br />

Recht. Das darf nicht gegeneinander ausgespielt werden.<br />

Die Drogenkonsumräume machen nur Sinn, wenn am<br />

Ende Präventions- und Hilfemöglichkeiten stehen, um<br />

diejenigen, die aus der Drogenabhängigkeit aussteigen<br />

wollen, auch aufzunehmen.<br />

Das war nur der erste Schritt mit der Einrichtung der<br />

Drogenkonsumräume. Das ist völlig richtig, das Drogenproblem<br />

geht weiter. Wir als Grüne wollen mehr, wir<br />

brauchen in dieser Stadt auch mehr. <strong>Berlin</strong> ist scheinbar<br />

aufgewacht aus einem drogenpolitischen Dornröschenschlaf,<br />

und jetzt erwarten wir, dass das nächste Projekt die<br />

kontrollierte Abgabe <strong>von</strong> Heroin und anderen Drogen<br />

jetzt <strong>von</strong> dieser Regierung angegangen wird.<br />

[Zuruf des Abg. Schmidt (CDU)]<br />

Das wird helfen, den Schwarzmarkt auszutrocknen. Das<br />

wird auch helfen, die gesundheitsschädlichen und damit<br />

kostenintensiven Nebenwirkungen der Stoffe zu reduzieren.<br />

Die Chance aus dem Bundesprojekt „kontrollierte<br />

Heroinvergabe“ ist noch unter der Regie <strong>von</strong> Herrn Diepgen<br />

aus Kostengründen verpasst worden. Ich finde, das ist<br />

ein kurzsichtiges Argument.<br />

1617<br />

Von einer Regierung, die sich eine liberale Drogenpolitik<br />

auf die Fahnen geschrieben hat, kann man wohl erwarten,<br />

dass sie sich für dieses Ziel einsetzen wird. Seit<br />

1990 existiert ein Netzwerk European Cities on Drug<br />

Policy auf Basis der Frankfurter Resolution. Die dort<br />

zusammengeschlossenen Städte – unter anderen eben<br />

auch Frankfurt – haben erkannt, dass Drogenmissbrauch<br />

ein soziales Problem ist, das mit repressiven Mitteln nicht<br />

zu lösen ist. Sie treten dafür ein, den Drogengebrauch zu<br />

kontrollieren und zu minimieren, statt mit Verboten die<br />

Drogenmärkte und ihre schädlichen Auswirkungen noch<br />

zu fördern.<br />

<strong>Berlin</strong> ist Mitglied im konservativen Netzwerk der<br />

europäischen Städte gegen Drogen, das sich gegen jede<br />

Form der Legalisierung ausspricht. Ich glaube, es ist an<br />

der Zeit, das Lager zu wechseln, und fordere Sie auf, sich<br />

ernsthaft mit diesem Gedanken vertraut zu machen, denn<br />

die repressive Drogenpolitik hat versagt. Weder die ständige<br />

Verschärfung <strong>von</strong> Straftatbeständen noch die strafrechtlichen<br />

Instrumente zur Gewinnabschöpfung des<br />

Drogenmarktes haben zu einem Rückgang des Drogenproblems<br />

geführt.<br />

Und sie ist teuer: Mit einem Heer <strong>von</strong> Polizisten jagen<br />

wir jeden kleinen Drogendealer. In aufwändigen Strafverfahren<br />

beschäftigen sich Dutzende <strong>von</strong> Richtern und<br />

Staatsanwälten mit der Verfolgung <strong>von</strong> Drogendealern<br />

und Abhängigen. Das ist ein teuerer Spaß, der drogenpolitisch<br />

nichts bringt. – Diese Drogenpolitik ist zudem auch<br />

noch unglaubwürdig: Wer 10 Milliarden € an Tabaksteuern<br />

und nochmals 3,5 Milliarden € an Alkoholsteuern vor<br />

dem Hintergrund <strong>von</strong> 40 000 Toten bundesweit wegen<br />

Alkohol und 120 000 wegen Nikotinmissbrauchs einnimmt,<br />

der kann schlechterdings mit gutem Gewissen<br />

diese Form der repressiven Drogenpolitik verfolgen.<br />

[Beifall bei den Grünen]<br />

Ich habe zwar wenig Hoffnung, dass sich in der SPD<br />

oder in der CDU da etwas bewegt, aber ich glaube, dass<br />

es auch einige Ausnahmen in der SPD gibt. Frau Schubert<br />

– sie ist nun leider nicht da, das hätte ich ihr gerne gesagt<br />

–, wir setzen große Hoffnung auf Sie, die Sie sich<br />

schon einmal als liebevolle Gärtnerin <strong>von</strong> zarten Hanfpflänzchen<br />

hier geoutet hat. Ihre Initiative, die Mengen<br />

<strong>von</strong> straffreiem Besitz <strong>von</strong> Cannabis zum Eigenkonsum<br />

bundeseinheitlich festzulegen, ist begrüßenswert. Wenn<br />

sie sich jetzt mit ihrer Initiative noch ein bisschen in Richtung<br />

Legalisierung bewegt, dann können wir sie bald<br />

neben unserem Kollegen Christian Ströbele auf Platz 1<br />

der Charts begrüßen, wenn sie singt: „Gebt den Hanf frei,<br />

und zwar sofort!“<br />

[Beifall bei den Grünen –<br />

Beifall der Abgn. Frau Simon (PDS),<br />

Frau Dott (PDS) und Over (PDS)]<br />

Vizepräsident Dr. Stölzl: Vielen Dank! – Weitere<br />

Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde<br />

hat damit ihre Erledigung gefunden.<br />

Wir kommen zur<br />

(D)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!