23. Sitzung - Abgeordnetenhaus von Berlin
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<strong>Abgeordnetenhaus</strong> <strong>von</strong> <strong>Berlin</strong> – 15. Wahlperiode <strong>23.</strong> <strong>Sitzung</strong> vom 12. Dezember 2002<br />
(A) (C)<br />
(B)<br />
Länderparlamente im europäischen Maßstab gesetzlich<br />
regeln.<br />
Mit diesem Antrag – und das will ich ganz deutlich<br />
herausstellen – geht es keinesfalls um die Festschreibung<br />
traditioneller Besitzstandswahrung, und Herr Abgeordneter<br />
Ratzmann, auch nicht, wie Ihr Zuruf vorhin vermuten<br />
ließ, um eine Kleinstaaterei, ganz im Gegenteil. Es geht<br />
vielmehr darum, transparente, effiziente, problemorientierte<br />
und vor allem bürgernahe Strukturen auf dem Weg<br />
zu wirksamen Beschlüssen in der EU zu schaffen.<br />
[Beifall bei der PDS]<br />
Dieser Antrag soll zugleich – auch darauf hat Herr<br />
Zimmermann hingewiesen – Bezug nehmen auf den Ende<br />
März stattfindenden Föderalismuskonvent der Landtagspräsidenten<br />
und der Fraktionsvorsitzenden. Die Forderung<br />
der Stärkung der Rolle der Länderparlamente im europäischen<br />
Integrationsprozess als dessen Zielstellung ist unserer<br />
Auffassung nach sehr berechtigt. Mehr Transparenz,<br />
höhere Effizienz und Durchschaubarkeit stellen einerseits<br />
höhere Anforderung an die parlamentarische Kontrolle<br />
der Entscheidungsprozesse im Regierungshandeln. Der<br />
politische und ökonomische Erfolg des Modells des neuen<br />
vereinten Europa hängt unserer Auffassung nach wesentlich<br />
<strong>von</strong> der Einbindung der Länder, Regionen und<br />
Kommunen und deren Parlamente ab. Andererseits – und<br />
das sagen wir auch ganz klar und eindeutig – dürfen künftige<br />
Beschlüsse auf EU-Ebene nicht durch zusätzliche<br />
neue Strukturen oder Gremien verzögert oder gar blockiert<br />
werden.<br />
[Beifall des Abg. Zimmermann (SPD)]<br />
In diesem Sinne ist der zurzeit kursierende Entwurf einer<br />
abschließenden Erklärung zu diesem Konvent nach unserer<br />
Auffassung noch überarbeitungsbedürftig. Umso mehr<br />
müssen wir uns als Parlament – und das tun wir mit dieser<br />
heutigen Entschließung – dazu positionieren, um damit<br />
eine Grundlage für den weiteren Diskussionsprozess zu<br />
schaffen.<br />
Ich finde es sehr bedauerlich, dass sich die Grünen<br />
nicht durchringen konnten, unserem Antrag zuzustimmen,<br />
diesem fraktionsübergreifenden Antrag. Ich finde, Ihr<br />
Änderungsantrag, meine Damen und Herren <strong>von</strong> den<br />
Grünen, zeigt, dass Sie dem Grundanliegen sehr wohl<br />
offen und aufgeschlossen gegenüberstehen, wir darin<br />
übereinstimmen. Ansonsten bleibt Ihr Änderungsantrag<br />
leider nur eine Absichtserklärung. Und die Zeit der Bekenntnisse<br />
und Absichtserklärungen ist längst vorbei.<br />
Was wir jetzt brauchen, sind konkrete Vorschläge. Und<br />
die werfen wir mit dieser Positionierung in die Debatte.<br />
Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. –<br />
Danke!<br />
[Beifall bei der PDS und der SPD]<br />
Präsident Momper: Danke schön, Frau Kollegin<br />
Michels! – Frau Paus eilt herbei und hat das Wort. – Bitte<br />
schön, Frau Paus!<br />
1633<br />
Frau Paus (Grüne): Herzlichen Dank, Herr Präsident!<br />
– Frau Michels! Ich kann Ihnen versichern: Auch wir<br />
bedauern sehr, dass wir uns diesem Antrag nicht anschließen<br />
können,<br />
[Dr. Arndt (SPD): Könnt es euch ja noch überlegen!]<br />
aber ich werde Ihnen hier begründen, warum wir das nicht<br />
tun können, wir können es wirklich nicht.<br />
Vorab möchte ich noch einmal Herrn Kittelmann<br />
unterstützen in seiner Bemerkung zu der Großen Anfrage.<br />
Ich lasse dahingestellt, wie wichtig das Abendessen <strong>von</strong><br />
Herrn Wowereit jetzt in New York ist, aber diese Stadt<br />
hat eine Europastaatssekretärin, und sie hat nicht nur eine<br />
Europastaatssekretärin, sondern eine Staatssekretärin, die<br />
sich besonders den Fragen Osteuropas widmet, wie man<br />
den Pressemeldungen des Senats entnehmen konnte. Das<br />
hätte heute die große Stunde der Europastaatssekretärin<br />
werden können. Es wurde uns verwehrt, ich denke, das<br />
war falsch.<br />
[Beifall bei den Grünen –<br />
Frau Herrmann (CDU): Da hat sie Recht! –<br />
Doering (PDS): Die dürfen doch gar nicht reden!]<br />
Wir haben jetzt die Einmütigkeit der anderen Fraktionen<br />
gehört. Ich muss ehrlich sagen, bei dem vorliegenden<br />
Antrag erscheint es mir doch eher als eine unheilige Allianz.<br />
Vielleicht hat der eine oder andere <strong>von</strong> Ihnen bereits<br />
die Erklärung der Hamburger Bürgerschaft gelesen. Die<br />
Hamburger Bürgerschaft hat einen gemeinsamen Antrag<br />
hinbekommen über alle Fraktionen, einschließlich der<br />
Schill-Partei, der Rechtsstaatlichen Offensive. Ich muss<br />
Ihnen leider mitteilen, dass dieses Papier – es ist allerdings<br />
auch länger – mehr europäischen Geist aufweist als<br />
das, was Sie uns heute hier vorgelegt haben.<br />
In einem Punkt sind wir uns sicher alle einig. Die<br />
Vorlage der Landtagspräsidenten war tatsächlich nichts,<br />
auf das man hätte bauen können, sie war durchaus noch<br />
schlimmer. Aber der Antrag, der heute <strong>von</strong> Ihnen hier<br />
vorgelegt wurde, ist in Teilen zumindest noch eine Verschlimmbesserung.<br />
Ich gestehe auch zu, dass uns alle hier<br />
im Hause der Zeitdruck überrollt hat. Unsere Fraktion<br />
konnte sich als Ganzes erst gestern mit diesem Antrag<br />
beschäftigen. Das geht dann natürlich immer zu Lasten<br />
der Qualität, aber gerade weil uns das Gelingen dieses<br />
Konvents ein Herzensanliegen ist, geht es darum, hier<br />
noch die letzte Möglichkeit zur Vertiefung der europäischen<br />
Integration zu nutzen, dazu, dass wir zu einer Europäischen<br />
Verfassung kommen, dass wir das Prinzip der<br />
Einzelermächtigung der Europäischen Union endlich<br />
überwinden, dass wir dazu kommen, einen richtigen Verfassungstext<br />
zu bekommen, der zweistufig ist, einerseits<br />
mit einer Verfassung mit einem konstitutionellen Teil und<br />
darüber hinaus mit einem zweiten Teil für die einzelnen<br />
Verträge und weitere Regelungen. Das ist das, was wir<br />
brauchen. Ich sage Ihnen eindeutig: Mit dem Papier, das<br />
Sie hier heute vorlegen, haben sie dem jedenfalls keinen<br />
Vorschub geleistet.<br />
[Beifall des Abg. Ratzmann (Grüne)]<br />
(D)