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23. Sitzung - Abgeordnetenhaus von Berlin

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<strong>Abgeordnetenhaus</strong> <strong>von</strong> <strong>Berlin</strong> – 15. Wahlperiode <strong>23.</strong> <strong>Sitzung</strong> vom 12. Dezember 2002<br />

(A) (C)<br />

(B)<br />

Das Land <strong>Berlin</strong> hat diese Gesetzgebung bislang noch<br />

nicht umgesetzt. Im Vordergrund stand hier vielmehr die<br />

Durchführung „besonderer Formen des Datenabgleichs“,<br />

wie das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz es<br />

bezeichnet, oder einer „Rasterfahndung“, wie diese im<br />

Allgemeinen genannt wird. Der <strong>Berlin</strong>er Polizeipräsident<br />

hat sich an dieser bundesweiten Maßnahme natürlich<br />

beteiligt. Wir haben diesem Hause und der Öffentlichkeit<br />

in den letzten Tagen einen Sonderbericht übergeben, der<br />

unsere Bewertung der <strong>Berlin</strong>er Maßnahmen enthält. Sie<br />

alle haben ihn gestern erhalten.<br />

Dieser Bericht zeigt, mit welchen Schwierigkeiten und<br />

daraus resultierenden Mängeln die Maßnahme vorbereitet<br />

und eingeleitet wurde, obwohl gerade die Rasterfahndung<br />

erhebliche Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung<br />

zehntausender unbeteiligter Personen mit sich<br />

bringt. Andererseits, das will ich sehr positiv hervorheben,<br />

kam es in <strong>Berlin</strong> auf Grund der strengen Maßstäbe<br />

bei der Rasterung zu vergleichsweise wenigen Fällen, die<br />

zur Grundlage weiterer, allerdings im Ergebnis bisher<br />

ebenfalls erfolgloser, konventioneller Ermittlungen der<br />

Polizei gemacht wurden.<br />

Die Rasterfahndung als einer der gravierendsten Eingriffe<br />

in die informationelle Selbstbestimmung, die unsere<br />

Rechtsordnung kennt, aber auch alle minder bedeutsamen,<br />

aber gleichwohl Bürgerinnen und Bürger belastenden<br />

Eingriffe, über die <strong>von</strong> uns regelmäßig zu berichten ist,<br />

und im Jahresbericht 2000 zu berichten war, zeigen gleichermaßen<br />

die Bedeutung des Datenschutzes als Garant<br />

der Grundrechte in der Informationsgesellschaft, die im<br />

Augenblick bei uns die prägende Gesellschaftsform ist<br />

und noch mehr sein wird. Ich bitte dieses Haus um Unterstützung<br />

für dieses Anliegen. Dies ist ja, wie wir in der<br />

Arbeit des Unterausschusses bisher gesehen haben, der<br />

Fall. – Ich bedanke mich!<br />

[Beifall]<br />

Präsident Momper: Danke schön, Herr<br />

Dr. Garstka! – Das Wort hat nun Frau Seelig, die Vorsitzende<br />

des Unterausschusses Datenschutz des Ausschusses<br />

für Inneres, Sicherheit und Ordnung. – Bitte schön, Frau<br />

Vorsitzende!<br />

Frau Seelig (PDS), Berichterstatterin: Herr Präsident!<br />

Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Professor<br />

Garstka! In der eben benannten Eigenschaft möchte ich<br />

die Gelegenheit ergreifen, Ihnen auch <strong>von</strong> dieser Stelle<br />

aus für die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu<br />

danken.<br />

Unsere Beschlussvorlage, die hier zur Kenntnis gegeben<br />

wird, hat im Gegensatz zu dem jährlichen Bericht aus<br />

Ihrem Haus nur einen geringen Umfang. Dies ist zum<br />

einen darauf zurückzuführen, dass die Mitarbeit aller<br />

Fraktionen in diesem Unterausschuss äußerst konstruktiv<br />

ist, wofür ich mich bedanken möchte. Zum anderen ist es<br />

darauf zurück zu führen, dass Sie, Herr Garstka, und Ihr<br />

Haus viele der beschriebenen Probleme zeitnah in Angriff<br />

1637<br />

nehmen und lösen konnten. Aber andererseits hat es auch,<br />

das darf ich sagen, weil ich mich seit etwa zehn Jahren<br />

mit dieser Materie beschäftige, ein Umdenken in den<br />

Verwaltungen gegeben. Wurde der Datenschutz früher<br />

eher als Belästigung empfunden, scheint nicht einmal das<br />

Informationsfreiheitsgesetz als Zumutung angesehen zu<br />

werden, wie ja vorher geunkt wurde. Viele Verwaltungen<br />

konsultieren inzwischen frühzeitig den Beauftragten für<br />

Datenschutz und Informationsfreiheit, wenn sie neue<br />

Gesetzesvorhaben in Angriff nehmen. Ich denke, dass<br />

sollte auch so sein.<br />

In unserer Beschlussvorlage bleiben insbesondere die<br />

Dauerbrenner des Ausschusses übrig, wie die seit Jahren<br />

verzögerte Novellierung des Meldegesetzes.<br />

Bei all dem Positiven, was zu berichten ist, gibt sich<br />

dennoch niemand im Ausschuss der Illusion hin, dass die<br />

Welt für die informationelle Selbstbestimmung besonders<br />

heil ist. In der rasanten Entwicklung der Informationstechnologien<br />

ist oft genug nur noch Reaktion möglich,<br />

auch wenn wir uns in <strong>Berlin</strong> um Vorsprünge bemühen.<br />

Neben den Chancen solcher Technologien liegen auch<br />

immer die Gefahren. Viele Eingriffe in diesen vom<br />

Grundgesetz besonders geschützten Bereich sind auch<br />

durch neue Gesetze gewissermaßen legalisiert worden<br />

und schränken die Kontroll- und Wirkungsmöglichkeiten<br />

des Datenschutzes ein. Auch Bürgerinnen und Bürger<br />

scheinen weniger sensibilisiert für Eingriffe in ihr Persönlichkeitsrecht,<br />

als es noch vor ein paar Jahren der Fall<br />

war.<br />

Adressenhandel, Bonuskarten, Gesundheits- und<br />

Geldchips und Interneteinkäufe bergen immer auch die<br />

Gefahr des gläsernen Bürgers. Da gibt es einen großen<br />

Aufklärungsbedarf. Ich denke allerdings, dass das Haus<br />

<strong>von</strong> Herrn Garstka eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit<br />

macht, hingegen verirren sich in unseren Ausschuss die<br />

Journalisten eher selten. Das Bewusstsein, man habe<br />

nichts zu verbergen, das sich bei der Bevölkerung immer<br />

mehr durchsetzt, muss auch im Hinblick auf staatliche<br />

Befugnisse immer wieder hinterfragt werden. Auch ich<br />

möchte auf den Sonderbericht zur Rasterfahndung aufmerksam<br />

machen. Ich finde, wir müssen über Konsequenzen<br />

diskutieren.<br />

[Beifall bei der PDS und den Grünen]<br />

Ich enthalte mich der inhaltlichen Bewertung, weil ich für<br />

den Ausschuss spreche,<br />

[Wieland (Grüne): Schade!]<br />

aber ich denke, der Bericht wird Gegenstand der Beratung<br />

sein müssen, weil in Zukunft gerade nach der Einführung<br />

neuer Befugnisse im Sicherheitsbereich der Datenschutz<br />

noch stärkere Bedeutung erhält. Aber er ist nur so stark,<br />

wie wir als Parlament bereit sind, ihn zu tragen. Das sollten<br />

wir nicht vergessen.<br />

Ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr dem Ziel eines<br />

Informationsgesetzbuches des Landes <strong>Berlin</strong> näher kommen,<br />

gerade wegen einer Verschlankung und einer wich-<br />

(D)

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