23. Sitzung - Abgeordnetenhaus von Berlin
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<strong>Abgeordnetenhaus</strong> <strong>von</strong> <strong>Berlin</strong> – 15. Wahlperiode <strong>23.</strong> <strong>Sitzung</strong> vom 12. Dezember 2002<br />
(A) (C)<br />
(B)<br />
rerschaft bekämpfen. Wir brauchen aber auch – nicht nur<br />
wegen PISA – mehr mehrsprachige Lehrkräfte. Das ist im<br />
Zuge des zusammenwachsenden Europas sehr wichtig.<br />
Auch in diesem Bereich muss es die Möglichkeit für<br />
Neueinstellungen geben. – Leider war die rot-rote Koalition<br />
nicht bereit, dieses im Ausschuss zu diskutieren. Fünf<br />
Minuten reichen nicht aus, um das zu thematisieren. Ich<br />
kann nur hoffen und an Ihre Vernunft appellieren: Wenn<br />
Sie <strong>von</strong> der Sache überzeugt sind, aber die Opposition<br />
schneller war, sollten Sie wenigstens deren Vorschläge<br />
unterstützen. – Hauptsache, die Schülerinnen und Schüler<br />
sind nicht wie immer die Leidtragenden!<br />
[Beifall bei den Grünen]<br />
Vizepräsident Dr. Stölzl: Vielen Dank, Herr Kollege<br />
Mutlu! – Für die SPD ergreift das Wort Frau Dr. Tesch! –<br />
Bitte schön!<br />
Frau Dr. Tesch (SPD): Herr Präsident! Meine Damen<br />
und Herren! – Herr Mutlu! Das hat die große Koalition<br />
auch nicht gemacht, das wird keine vernünftige Regierung<br />
machen, nämlich etwas zu beschließen, was schon passiert<br />
bzw. was bereits in Gesetzestext gegossen ist.<br />
Dieser Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen<br />
datiert vom 27. Februar 2002 und wurde<br />
[Mutlu (Grüne): Das stimmt nicht!]<br />
– Natürlich, Herr Mutlu! – bereits ausführlich im Schulausschuss<br />
beraten. Dort haben selbst Sie als Antragsteller<br />
eingesehen, dass er obsolet ist, und die Absätze fünf und<br />
sieben bei dieser Beratung herausgenommen.<br />
[Mutlu (Grüne): Das stimmt doch gar nicht!]<br />
Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind zwar einerseits ein<br />
Sammelsurium, aber andererseits teilweise vernünftig. Sie<br />
wurden aber bereits eingeleitet, es bedarf daher keines<br />
Antrages mehr. Ich nenne exemplarisch einige Punkte:<br />
Mit dem neuen Schulgesetz soll das Einstellungsverfahren<br />
schneller, flexibler und schulnäher gestaltet werden.<br />
[Mutlu (Grüne): Wir haben kein neues Schulgesetz!]<br />
Die Einzelschule erhält mehr Eigenkompetenz und kann<br />
ihre Stellen schulscharf ausschreiben.<br />
[Mutlu (Grüne): Sitzen bleiben in den Grundschulen!]<br />
Wir haben bereits mit dem Schulvorschaltgesetz, wie Sie<br />
wissen, Herr Kollege, den Schulen ein Personalbudget<br />
<strong>von</strong> 2 bis höchstens 5 % zugebilligt, um akutem Unterrichtsausfall<br />
entgegenzuwirken. Auch wir haben wiederholt,<br />
Frau Senftleben, gefordert, dass Personen mit Migrationshintergrund<br />
in die Erzieherinnen- und Lehrerberufe<br />
gehen sollen, und plädieren ebenfalls für eine Einstellung<br />
<strong>von</strong> native speakers für den Fremdsprachenunterricht, vor<br />
allem an den Europaschulen und den bilingualen Zweigen<br />
der Oberschulen. Hier muss allerdings, das gebe ich zu,<br />
erneut über die unterschiedliche Bezahlung für dieselbe<br />
Arbeit nachgedacht werden. Und schließlich werden auch<br />
alle Schulformen und -arten aufgefordert, interne und<br />
externe Evaluationen vorzunehmen.<br />
1639<br />
Herr Mutlu, Sie haben hier nicht zu Ihrem Antrag<br />
geredet, sondern zu Unterrichtsausfall, zu Einstellungsstopp,<br />
der fiskalische Gründe hat, wie wir alle wissen, und<br />
den wir bildungspolitisch nicht begründen können und der<br />
wegen des Scheiterns der Solidarpaktgespräche zu Stande<br />
kam. Genau das Gleiche gilt für die geplante Arbeitszeiterhöhung.<br />
Herr Dr. Körting hat an dieser Stelle gesagt:<br />
Wenn Solidarpaktgespräche wieder aufgenommen werden<br />
sollten und zu einem vernünftigen Ende kommen, können<br />
auch diese Maßnahmen wieder zurückgenommen werden.<br />
In diesem Zusammenhang begrüße ich sehr den Vorschlag<br />
der GEW, die sich hier endlich mal bewegt.<br />
Da also der Antrag obsolet ist, bitte ich Sie, der Beschlussempfehlung<br />
des Ausschusses zu folgen. – Ich<br />
danke Ihnen!<br />
[Beifall bei der SPD und der PDS]<br />
Vizepräsident Dr. Stölzl: Vielen Dank, Frau<br />
Dr. Tesch! – Für die CDU hat das Wort der Kollege<br />
Goetze. – Bitte schön!<br />
Goetze (CDU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten<br />
Damen und Herren! Der Antrag ist <strong>von</strong> seinen gewünschten<br />
Auswirkungen her in keiner Weise obsolet.<br />
[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]<br />
Denn das, was wir auf der einen Seite an theoretischakademischer<br />
Betrachtungsweise <strong>von</strong> meiner Vorrednerin<br />
Frau Dr. Tesch hier vernommen haben, korrespondiert in<br />
keiner Weise mit den Realitäten an den <strong>Berlin</strong>er Schulen.<br />
[Beifall bei den Grünen –<br />
Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]<br />
Ein solcher Vortrag, vor Lehrerkollegien bestimmter<br />
Schulen gehalten, würde, wenn nicht zu brüllendem Gelächter,<br />
dann zu massiven Unmutsstürmen führen. Deswegen<br />
ist es schon ganz gut, dass wir uns hier mit den<br />
Realitäten beschäftigen und auch etwas näher mit dem<br />
Antrag der Grünen.<br />
Die Überschrift lautet „Aktionsprogramm gegen Lehrermangel“,<br />
und angesichts der Senatsbeschlüsse der<br />
letzten Zeit mutet es schon relativ grotesk an, wenn wir<br />
auf der einen Seite zur Kenntnis nehmen müssen, dass<br />
Lehrerarbeitszeitverlängerungen beschlossen wurden,<br />
obwohl es ein Alternativangebot der größten Lehrergewerkschaft,<br />
der GEW, gibt, und auf der anderen Seite der<br />
Bildungssenator ein Internetportal eröffnet hat, in dem für<br />
den Lehrerberuf geworben wird. Unter diesen Voraussetzungen<br />
ist es geradezu lächerlich anzunehmen, dass der<br />
Lehrerberuf heute noch eine Attraktivität ausübt, die für<br />
die <strong>Berlin</strong>er Schule tatsächlich Vorteile bringt. Der Einstellungskorridor<br />
für junge Lehrer wird inzwischen so<br />
schmal, dass ihn kaum noch jemand findet. Dafür geben<br />
wir, ähnlich wie schon bei den Polizisten, gut ausgebildete<br />
Lehrer nach Absolvierung ihrer Examina an andere<br />
Bundesländer ab. Dort freut man sich über die akademischen<br />
Präsente aus der Bundeshauptstadt.<br />
(D)