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23. Sitzung - Abgeordnetenhaus von Berlin

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<strong>Abgeordnetenhaus</strong> <strong>von</strong> <strong>Berlin</strong> – 15. Wahlperiode <strong>23.</strong> <strong>Sitzung</strong> vom 12. Dezember 2002<br />

(A) (C)<br />

(B)<br />

– Ich will gar nicht bestreiten, dass es zwischen der gesundheits-<br />

und der innenpolitischen Sichtweise unterschiedliche<br />

Auffassungen gibt. Aber wir diskutieren gerade<br />

eine Stunde und zehn Minuten über dieses Thema, und<br />

noch nicht ein Mensch hat erzählt, wie diese Drogenkonsumräume<br />

in der Stadt aussehen sollen, wie dies organisiert<br />

wird und welche Probleme es derzeit bei der Umsetzung<br />

gibt.<br />

[Zurufe <strong>von</strong> der SPD und der PDS –<br />

Over (PDS): Das können Sie in den<br />

entsprechenden Unterlagen nachlesen!]<br />

– All das kann man eben nicht nachlesen, Herr Kollege<br />

Over, all das haben wir nämlich noch nicht besprochen! –<br />

Zu Recht haben Herr Henkel und Herr Matz angesprochen,<br />

dass die Anwohner Sorge haben, wie diese Drogenkonsumräume<br />

aussehen werden. Der Herr Staatssekretär<br />

Schulte-Sasse, der bei der Einrichtung der Drogenkonsumräume<br />

mit seiner Reise durch Deutschland auch etwas<br />

älter geworden ist, weiß, dass die Anwohner noch nicht<br />

beteiligt sind, hat dies aber im Ausschuss versprochen<br />

und gesagt: Jeder vernünftige Gesundheitspolitiker kann<br />

eine solche Entscheidung nur dann umsetzen, wenn die<br />

Anwohner beteiligt werden. Aber das ist derzeit nicht der<br />

Fall.<br />

Das Zweite ist, dass Sie bei der derzeitigen Ausschreibung,<br />

wenn Sie das Ziel haben, damit eine vernünftige<br />

Gesundheitsversorgung für Drogenabhängige herzustellen,<br />

dann auch sagen müssen, wie das derzeit umgesetzt<br />

wird. Die Zielsetzung in der Ausschreibung sind 10<br />

bis 15 Stunden Wochenöffnungszeit eines Drogenkonsumraums.<br />

Wie Sie damit eine vernünftige Versorgung<br />

gewährleisten wollen, ist für mich fraglich.<br />

[Beifall der Frau Abg. Herrmann (CDU)]<br />

Hamburg hat seinen Drogenbus bereits abgeschafft, weil<br />

das Halten <strong>von</strong> zwei Stunden an einem Ort eben zu nichts<br />

führt, weil die Drogenabhängigen keinen Terminkalender<br />

haben, wo sie einschreiben, wann sie in den Drogenkonsumraum<br />

gehen dürfen. Und so ist das bei dem Bus in<br />

Hamburg ebenfalls gewesen.<br />

[Over (PDS): Die haben aber entsprechend<br />

viele stationäre Räume!]<br />

Vizepräsident Dr. Stölzl: Gestatten Sie eine Zwischenfrage<br />

des Kollegen Zackenfels?<br />

Czaja (CDU): Ja, gern!<br />

Zackenfels (SPD): Darf ich Ihre Ausführungen so<br />

verstehen, dass Sie sich für eine weitaus größere Anzahl<br />

<strong>von</strong> Drogenräumen in <strong>Berlin</strong> aussprechen? – Denn Sie<br />

haben gerade ausgeführt, dies allein ein flächendeckendes<br />

Versorgungsnetz mit gutem Material gewährleistete.<br />

Czaja (CDU): Nein, ich stelle die Frage, Herr Zackenfels,<br />

wie wir mit dem wenigen Geld, das wir für die Prävention<br />

und die Versorgung <strong>von</strong> Drogenkranken in <strong>Berlin</strong><br />

haben, vernünftig umgehen, statt das ganze Geld in Dro-<br />

1613<br />

genkonsumräume zu stecken, die am Ende gar nicht mehr<br />

geöffnet werden.<br />

[Beifall bei der CDU]<br />

Und dann muss man die Frage stellen: Wem wird denn<br />

das Geld weggenommen? – Es wird denen weggenommen,<br />

die derzeit Prävention in der Stadt betreiben, und die<br />

beklagen das auch, wie Sie wissen. Die haben das in vielen<br />

Anhörungen beklagt, und das wird auch weiterhin der<br />

Fall sein. Darüber mache ich mir Sorgen.<br />

Wie geht es denn in der Sache? – Die Beratungsstelle<br />

für Opiatabhängige am Kottbusser Tor, die nach Einschätzung<br />

vieler Experten nicht in der Lage ist, eine solche<br />

Einrichtung zu leiten, wird derzeit präferiert. Wie<br />

sieht es mit der Ausstattung und dem Personal aus? – Es<br />

gibt keine Antwort <strong>von</strong> Ihnen darauf, wie Sie sich das<br />

vorstellen, sondern Sie führen denselben Krieg, den Sie<br />

der CDU und der FDP vorwerfen, sich nämlich in<br />

Grundsatzfragen zu verhaspeln. Eine Stunde und zehn<br />

Minuten lang haben Sie nichts anderes gemacht, als<br />

Grundsatzfragen zu diskutieren, aber nicht, wie Sie es<br />

dann in Wirklichkeit umsetzen. Die bestehende Arbeit<br />

leidet massiv darunter. Die Finanzierungstöpfe der Liga<br />

der Wohlfahrtsverbände wird dafür angezapft. Die 10prozentige<br />

Kürzung bei der Prävention ist das eine. Für<br />

die Folgefinanzierung ist ebenfalls nicht gesorgt. Die<br />

muss auch aus diesem Vertrag herausgenommen werden.<br />

Da machen sich viele Verbände Sorgen, wie dann die<br />

Prävention in der Stadt vernünftig funktionieren soll.<br />

Dass eine Ausstiegsmöglichkeit, sprich Hilfe, in diesen<br />

Räumen stattfindet, kann beileibe keiner behaupten.<br />

Das ist nachweislich nicht der Fall, in keiner der Städte,<br />

die Sie aufgezählt haben. Die Ausstiegsmotivation findet<br />

nicht in diesen Räumen statt, sondern in diesen Räumen<br />

findet der Drogenkonsum statt. So heißen die Räume ja<br />

auch, wie Sie das zu Recht betitelt haben. Deswegen<br />

sollte man sich nicht Sand in die Augen streuen lassen,<br />

wenn man sich mit diesem Thema, jedenfalls aus gesundheitspolitischer<br />

Sicht etwas intensiver beschäftigt.<br />

Herr Staatssekretär Schulte-Sasse, Sie sind hier<br />

eigentlich der wahre Vorkämpfer. Frau Knake-Werner<br />

musste heute nur die Rede halten. Aber ich schaue mir an,<br />

was die Drogenbeauftragte der Bundesregierung für<br />

Schwerpunkte setzt. Ich habe – vielleicht etwas zu modern<br />

– die Internetseiten aufgerufen, was bei den Grünen<br />

zur Gesundheits- und Drogenpolitik etwas schwierig ist.<br />

Ich lese dort:<br />

[Ratzmann (Grüne): Da haben Sie<br />

die falsche Adresse!]<br />

Das Ziel der Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung<br />

ist vor allem, den Beginn des Konsums<br />

zu verhindern und herauszuzögern, hohe riskante<br />

Konsummuster frühzeitig zu reduzieren und eine<br />

Abhängigkeit mit allen zur Verfügung stehenden<br />

Mitteln <strong>von</strong> der Abstinenz bis zur medikamentengestützten<br />

Therapie zu behandeln.<br />

(D)

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