23. Sitzung - Abgeordnetenhaus von Berlin
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<strong>Abgeordnetenhaus</strong> <strong>von</strong> <strong>Berlin</strong> – 15. Wahlperiode <strong>23.</strong> <strong>Sitzung</strong> vom 12. Dezember 2002<br />
(A) (C)<br />
(B)<br />
nimmt. Deshalb werde ich das jetzt auch nicht versuchen.<br />
Aber ich möchte auf ein paar Zahlen Bezug nehmen und<br />
zeigen, dass wir unsere ordnungspolitischen Vorstellungen<br />
möglicherweise genauso sinnhaft begründen können<br />
wie Sie die Ihren aus Ihrer Logik, denn es sind unterschiedliche<br />
Logiken, die hier präsentiert werden. Es handelt<br />
sich also nicht um den Versuch der Überzeugung,<br />
sondern nur um die Darstellung des gleichen Sachverhalts<br />
aus einer etwas anderen Sicht.<br />
Die These, die Sie aufstellen und verdeutlichen wollen,<br />
dass sich nämlich unter der rot-grünen Bundesregierung<br />
die Staatsquote signifikant erhöht habe und wir es<br />
gewissermaßen mit einer neuen Form <strong>von</strong> Staatlichkeit zu<br />
tun hätten, die es in den 16 Jahren vorher unter der Bundesregierung<br />
Kohl nicht gegeben habe, lässt sich meines<br />
Erachtens nicht halten, wenn man sich die Zahlen ansieht.<br />
Die Staatsquote unter der Bundesregierung Kohl ist ausschließlich<br />
in den Jahren 1987 und 1993 marginal gesunken.<br />
Eine signifikante Absenkung der Staatsquote zwischen<br />
1982 und 1998 hat es nicht gegeben.<br />
[Niedergesäß (CDU): Alles Schnee <strong>von</strong> gestern, was Sie<br />
da erzählen! – Doering (PDS): Fritze, du verstehst das!]<br />
Aber man kann feststellen, dass sowohl unter der<br />
Regierung Kohl als auch in den ersten vier Jahren der rotgrünen<br />
Bundesregierung – und darauf haben der Fraktionsvorsitzende<br />
meiner Fraktion und der der SPD in den<br />
vergangenen Wochen sehr eindrücklich hingewiesen – –<br />
Herr Müller und Herr Liebich haben zu Recht gesagt: Wir<br />
haben ein riesiges Problem, denn die Kommunalfinanzen<br />
stagnieren auf dem Niveau <strong>von</strong> 1992, und wir haben ein<br />
erhebliches Problem, weil wir in den vergangenen Jahren<br />
bei allen Steuerprognosen höher lagen als bei den realen<br />
Steuereinnahmen. Man muss also etwas zur Verbesserung<br />
der Länderfinanzen tun.<br />
[Niedergesäß (CDU): Reden Sie mal zum Thema!]<br />
– Ich rede zum Thema, Herr Niedergesäß! Dass Sie es<br />
nicht verstehen, tut mir wirklich Leid. Hier geht es noch<br />
nicht einmal um Überzeugung, sondern nur um das Verständnis.<br />
Aber Sie werden das Verständnis nicht entwickeln<br />
können. Ich rede zum Thema – nur damit Sie es<br />
wissen!<br />
Also, die Kommunalfinanzen stagnieren auf dem<br />
Niveau <strong>von</strong> 1992. Wir müssen uns deshalb darüber Gedanken<br />
machen, wie wir die Einnahmen auf der Länder-<br />
und Kommunalseite erhöhen können. Mein Kollege <strong>von</strong><br />
der SPD-Fraktion, Herr Zackenfels, hat das ganz richtig<br />
dargestellt: Die Vermögensteuer und der Antrag, den wir<br />
als Koalition gemeinsam beschlossen und den wir auch<br />
schon begründet haben – – Wir werden Sie nicht überzeugen,<br />
aber wir haben beide begründet, warum diese<br />
Steuer wieder eingeführt werden muss. Der Finanzsenator<br />
hat sich die Mühe gemacht zu prognostizieren, was uns<br />
bei einer Einführung dieser Steuer an Einnahmen zur<br />
Verfügung stünde, nämlich Einnahmen in Höhe <strong>von</strong> 230<br />
Millionen €. Dieses Geld wollen wir haben, und wir wollen<br />
das verknüpfen mit einem Vorschlag, den Herr Senator<br />
Wolf mit seinen Arbeitsministerkollegen aus allen<br />
1655<br />
ostdeutschen Bundesländern in der letzten Ministerkonferenz<br />
der Arbeitsminister vorgebracht hat, nämlich einem<br />
kommunalen Investitionsprogramm für Ostdeutschland.<br />
[Beifall bei der PDS]<br />
Dieses Programm wurde nicht nur <strong>von</strong> den beiden<br />
PDS-Ministern vorgeschlagen, sondern <strong>von</strong> allen – also<br />
auch <strong>von</strong> dem SPD-Minister und den drei CDU-<br />
Ministern. Sie haben ein kommunales Investitionsprogramm<br />
für Ostdeutschland vorgeschlagen, das auch uns in<br />
<strong>Berlin</strong> helfen könnte. Und das könnte man durchaus mit<br />
der <strong>von</strong> Bundesminister Clement vorgeschlagenen so<br />
genannten Sonderwirtschaftszone Ost verbinden. Deshalb<br />
sollte man diesen Vorschlag prüfen. Man muss im Januar<br />
genau betrachten, was der Bundesminister sich darunter<br />
vorstellt – Bürokratieabbau auf der einen Seite und<br />
Steuerrechtsregelungen auf der anderen Seite für Ostdeutschland.<br />
Das lässt sich möglicherweise mit einigen<br />
Überlegungen verknüpfen, die die PDS bereits in den<br />
vergangenen Jahren entwickelt hat. Das würde wiederum<br />
Ostdeutschland und auch dem Land <strong>Berlin</strong> als einem Teil<br />
der ostdeutschen Bundesländer zugute kommen, zumal es<br />
dort erhebliche Sonderstrukturprobleme gibt.<br />
Wir glauben, dass diese steuerpolitischen Überlegungen,<br />
die wir im Land <strong>Berlin</strong> entwickelt haben, die wir hier<br />
deutlich machen und die im Bundesrat eine Mehrheit<br />
finden sollen, dazu führen können, dass sich die Einnahmesituation<br />
und die Finanzkraft dieses Landes – und<br />
mittelfristig damit auch die Wirtschaftskraft dieses Landes<br />
– erhöhen. Rot-Rot hat hier die richtigen Initiativen in<br />
Gang gesetzt und wird diese Initiativen auf Bundesebene<br />
unterstützen. – Vielen Dank!<br />
[Beifall bei der PDS und der SPD]<br />
Vizepräsidentin Michels: Das Wort hat nun Herr<br />
Eßer. – Bitte!<br />
Eßer (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und<br />
Herren! Die Debatte ist ja recht friedlich. Aber wenn ich<br />
mir den schrillen Ton insbesondere in der Begründung<br />
des Antrags der CDU ansehe, dann meine ich doch, etwas<br />
weniger Populismus und eine etwas nüchternere Sicht der<br />
Dinge hätten diesem Antrag sehr gut getan.<br />
[Beifall bei den Grünen –<br />
Vereinzelter Beifall bei der SPD]<br />
Diese Nüchternheit – wir sprachen heute bereits an anderer<br />
Stelle über orwellsche Sprachsysteme – sagt einem vor<br />
allem: Auch wenn eine Subvention im Steuersystem verankert<br />
ist, bleibt sie eine Subvention. Wenn man also<br />
Vorzugssteuersätze für bestimmte Produkte, Gewerbezweige<br />
oder Einkommensarten abbaut, erhöht man keine<br />
Steuern, sondern man betreibt damit Subventionsabbau.<br />
Im vorliegenden Fall geht es z. B. um Dienstwagen, um<br />
Schnittblumen, um Hundefutter, um Geschäftsflüge in das<br />
Ausland, um Bonusmeilen, um Werbegeschenke, um die<br />
Bevorzugung <strong>von</strong> Leasingraten gegenüber anderen Mieten,<br />
um den Bau <strong>von</strong> Eigenheimen, um Vermögenseinkünfte<br />
und deren Bevorzugung gegenüber anderen Einkunftsarten.<br />
Wenn Sie das alles für besonders förde-<br />
(D)