23. Sitzung - Abgeordnetenhaus von Berlin
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<strong>Abgeordnetenhaus</strong> <strong>von</strong> <strong>Berlin</strong> – 15. Wahlperiode <strong>23.</strong> <strong>Sitzung</strong> vom 12. Dezember 2002<br />
(A) (C)<br />
(B)<br />
Vizepräsident Dr. Stölzl: Danke schön, Herr Kollege<br />
Czaja! – Für die PDS spricht Frau Simon. – Bitte schön,<br />
Sie haben das Wort!<br />
Frau Simon (PDS): In fünf Minuten hier grundsätzliches<br />
zur Krankenhausplanung zu sagen ist etwas abwegig.<br />
Ich hätte mich sehr gefreut, wenn es eine direkte Überweisung<br />
gegeben hätte. Aber es soll nun nicht sein.<br />
[Matz (FDP): Sie müssen nur<br />
etwas zu den Beihilfen sagen!]<br />
Herr Matz, ich werde Ihnen jetzt zu Ihrem Antrag I<br />
einiges sagen müssen. Primäres Ziel der Krankenhausplanung<br />
soll, wenn ich Ihren Text lese, der Abbau der Spezialversorgung<br />
zu Gunsten der Grund- und Regelversorgung<br />
sein. Herr Matz, es tut mir Leid, das ist natürlich<br />
überhaupt nicht das Primärziel einer Krankenhausplanung.<br />
Da Sie die Koalitionsvereinbarung inzwischen in<br />
Ihrem Laptop haben, um sie immer rechtzeitig zitieren zu<br />
können, empfehle ich Ihnen, jetzt das Landeskrankenhausgesetz,<br />
insbesondere § 1 dazuzunehmen. Darin steht,<br />
was Krankenhausplanung primär zu tun hat. Sie ist für<br />
eine bedarfsgerechte, humane Versorgung mit Betten für<br />
die Bevölkerung zuständig. Das ist das Primärziel der<br />
Krankenhausplanung.<br />
[Dr. Lindner (FDP): Gesetze kann man auch ändern!]<br />
Ich gebe Ihnen eine zweite Nachhilfe, Herr Matz!<br />
Kostengünstig arbeitende Krankenhäuser der Grund- und<br />
Regelversorgung sollen gemäß ihres Antrages sämtlich in<br />
den Krankenhausplan 2002 aufgenommen werden. Da<br />
empfehle ich Ihnen nun wiederum, den § 109 des Sozialgesetzbuches<br />
V in Ihren Laptop einzuspeisen. Dort werden<br />
Sie nämlich finden, dass die Voraussetzung für die<br />
Aufnahme in den Krankenhausplan allein darin besteht,<br />
als Krankenhaus bedarfsgerecht, wirtschaftlich und leistungsfähig<br />
zu sein. Das sind die Kriterien und nicht nur,<br />
kostengünstig zu sein. Was ist ein kostengünstiges Krankenhaus,<br />
und wer formuliert das?<br />
Drittens machen Sie Empfehlungen zu den Universitätskliniken.<br />
Ich muss Sie darauf aufmerksam machen,<br />
dass der Krankenhausplan, der nicht zum 31. Dezember<br />
2002, sondern mit zweimonatiger Verspätung vorgelegt<br />
wird, was nicht der Senatsverwaltung anzulasten ist, einen<br />
Planungshorizont bis 2005 vorsieht. Von der Aufgabe<br />
eines Universitätskrankenhauses ist da überhaupt noch<br />
nicht die Rede, das geschieht frühestens im Jahr 2010.<br />
Somit kann das gar nicht Gegenstand des derzeitigen<br />
Krankenhausplans sein.<br />
Ich komme zum letzten Punkt, der DRG-<br />
Auswirkungen auf den ambulanten Bereich. Auch hier<br />
muss ich feststellen, dass Sie keine Ahnung da<strong>von</strong> haben,<br />
was mit DRGs bewerkstelligt werden soll. Sie müssen uns<br />
Ihre Forderung erst einmal erklären. Die DRGs sollen in<br />
den nächsten fünf Jahren überhaupt erst eingeführt werden.<br />
Sie aber fordern das Vorlegen eines Konzeptes zeitgleich<br />
mit dem Krankenhausplan, das Aussagen darüber<br />
machen soll, wie sich die DRGs auf die ambulante Versorgung<br />
und die Pflege auswirken werden. Dabei sind alle<br />
1664<br />
zunächst erst einmal sehr gespannt, wie sich die DRGs<br />
überhaupt entwickeln.<br />
In Ihrem Antrag II ist <strong>von</strong> einem gefährlichen Ungleichgewicht<br />
zu Lasten der frei-gemeinnützigen und<br />
privaten Träger die Rede. Was ist ein gefährliches Ungleichgewicht?<br />
Herr Pape ist schon kurz darauf eingegangen.<br />
Erstens ist es kein gefährliches Ungleichgewicht,<br />
sondern ein gewünschtes Ungleichgewicht zu Lasten der<br />
öffentlichen Häuser. Ursprünglich hat es nämlich nur<br />
öffentliche Häuser gegeben. Man hat dann die Trägervielfalt<br />
– wir haben Zeit, uns im Ausschuss darüber zu unterhalten,<br />
jetzt möchte ich keine Wortmeldungen zulassen –<br />
eingefordert und gesetzlich festgeschrieben, um auch den<br />
gemeinnützigen und privaten Häusern bestimmte Anteile<br />
an der Krankenversorgung zuzubilligen. Wir erleben in<br />
<strong>Berlin</strong> inzwischen, dass die öffentlichen Bettenzahlen<br />
sinken, während die frei-gemeinnützigen und privaten<br />
zunehmen. Sie kommen sich für mein Empfinden schon<br />
bedenklich nahe. Aber <strong>von</strong> einem gefährlichen Ungleichgewicht<br />
zu sprechen, ist eine Diskriminierung des im<br />
Gesetz festgeschriebenen Gebots der Trägervielfalt.<br />
Letztlich – da kommt es heraus – haben Sie, Herr<br />
Matz, ein Vivantes-Syndrom. Dieses Vivantes-Syndrom<br />
ist bei Ihnen überall Aufhänger für großartige Anträge,<br />
die aber letztlich immer auf das Problem Vivantes zurückkommen.<br />
Nun fordern Sie die echte Privatisierung<br />
<strong>von</strong> Vivantes. Dazu sage ich Ihnen, dass ich sieben Jahre<br />
in diesem Haus gegen die Privatisierung <strong>von</strong> Krankenhäusern<br />
gekämpft habe. Leider ist mir das im Fall Vivantes<br />
in der Opposition nicht geglückt, und wir haben leider<br />
heute bei Vivantes eine formale Privatisierung. Wir werden<br />
aber alles daran setzen, dass Sie die materielle Privatisierung<br />
nicht erleben werden.<br />
Zu Ihrem Antrag III muss ich anmerken, dass Sie nach<br />
dem Kadi rufen sollten oder zum Rechnungshof gehen<br />
und prüfen lassen sollten, ob Ihr Antrag die Überschrift<br />
trägt „uroparechtswidrige Beihilfen für Vivantes“ zu<br />
Recht trägt. Letztlich enthält dieser Antrag nichts anderes<br />
als die Behauptung, dass Vivantes auf Goldhänden getragen<br />
wird, dass die öffentlichen Häuser mit Steuermitteln<br />
üppig ausgestattet werden können, während die anderen<br />
darben und sich dem harten Wettbewerb stellen müssen.<br />
Nun fragen Sie einmal den Geschäftsführer Schäfer <strong>von</strong><br />
Vivantes, wie der sich durch den öffentlichen Haushalt<br />
unterstützt fühlt. Das hat er gerade gestern noch einmal<br />
deutlich gemacht. Vivantes wäre sehr froh, wenn das, was<br />
Sie hier behaupten, bei den öffentlichen Häusern an Positivem<br />
tatsächlich geschehen würde und diese finanziellen<br />
Zuwendungen wirklich wären.<br />
Alles in allem hat Sie Ihr Vivantes-Syndrom auf<br />
merkwürdige Art und Weise auf Abwege geführt. Diese<br />
Abwege werden wir sicherlich noch einmal genauer in<br />
einer Ausschusssitzung besprechen können. Alles in allem<br />
kann ich nur sagen, gibt es nicht so sehr viel Zustimmungspflichtiges,<br />
aber sehr viel, was Sie noch lernen<br />
müssen, wenn ich es mir einmal genau ansehe!<br />
(D)