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Freunde und Feinde

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Seine Begleiter waren nicht in der Lage, ihn in der Gesprächsführung zu unterstützen.<br />

146 Staatliche Gesprächsnotiz<br />

Aktennotiz vom Rates der Stadt Leipzig, Bereich Kirchenfragen, vom 20.03.1989 über ein Gespräch am<br />

17.03.1989 zwischen Sabatowska, Sup. Magirius <strong>und</strong> Sup. Richter. Inhalt des Gesprächs waren die<br />

Friedensgebete <strong>und</strong> verschiedene Veranstaltungen der Leipziger Basisgruppen. Unterzeichnet wurde die Notiz<br />

von Hillebrand. Das Exemplar trägt mehrere Unterschriften von Mitarbeitern der BV des MfS, die diese<br />

Aktennotiz zur Kenntnis nahmen, u.a. von Eppisch, Strenger <strong>und</strong> Conrad (ABL H 53) 456 .<br />

Gen. Sabatowska ging zunächst auf die Vorgänge in der Leipziger Innenstadt am Messemontag ein, wobei<br />

es den westlichen Medien gelungen sei, den Teilnehmerkreis des Friedensgebets politisch zu<br />

mißbrauchen. Er unterstrich nachdrücklich die Bedeutung des Friedensgebets in der Nikolaikirche für das<br />

Verhältnis Staat-Kirche in der Stadt Leipzig. Am Beispiel des Versuchs einer politischen Provokation<br />

unter dem Vorwand der Ehrung der Geschwister Scholl machte Gen. Sabatowska die Vorgehensweise der<br />

Antragsteller zur Durchsetzung ihrer Ziele deutlich 457 . Aus seiner Sicht sei die Entscheidung, den<br />

Gruppen ab April wieder die Gelegenheit zur Gestaltung des Friedensgebetes zu geben, nicht geeignet, die<br />

Situation zu entspannen. Schließlich äußerte er seine Bedenken gegenüber solchen im kirchlichen Raum<br />

geplanten Veranstaltungen wie der Aktionstag für die politisch Inhaftierten in der CSSR (19.3.89), der<br />

Pleißegedenkumzug im Juni sowie der Nachmittag „Schule in Bewegung“ 458 am 1.4.89. Er drückte die<br />

staatliche Erwartungshaltung aus, daß die Superintendenten ihren Einfluß geltend machen, damit diese<br />

Veranstaltungen frei von Provokationen bleiben. Die Superintendenten äußerten sich in folgender Weise<br />

dazu:<br />

Sup. Magirius:<br />

− Dank „für die maßvolle Begleitung der Dinge durch den Staat“<br />

− man könne nicht genug darüber staunen, wie bei diesen Aktivitäten durch den Staat zugesehen wird<br />

− Bitte an die Sup., hier mehr zu regulieren <strong>und</strong> einzugrenzen, jedoch immer wieder von staatlicher Seite<br />

angetragen<br />

− hier müsse man endlich weiterkommen (Probleme müßten in der Öffentlichkeit behandelt werden)<br />

− man differenziere genau zwischen Jugendlichen mit echten Anliegen <strong>und</strong> „solchen, die sich unter diese<br />

mischen <strong>und</strong> die westlichen Medien informieren“, diese Vermischung sei furchtbar<br />

− die Frage sei, wie man die, die es ehrlich meinten, fördern könne<br />

− man fühle sich mittlerweile vielfach als „Tempelpolizei“, da „andere Polizei offenbar nicht handeln<br />

kann“<br />

− dieser Zustand sei unbefriedigend<br />

− eigentlich „sitze man sehr nah beieinander“, selbst müsse man sich innerhalb der Kirche rechtfertigen,<br />

<strong>und</strong> Herr Sabatowska müsse dies vor seinen Genossen tun<br />

− in dieser Rolle fühle man sich nicht wohl<br />

− die Gruppen erhalten nicht das Recht, das Friedensgebet selbständig zu organisieren, sondern sie<br />

456 Da von E[ppisch] die Aktennotiz an die Abt. XX adressiert wurde, kann man annehmen, daß sie offiziell dem<br />

MfS übergeben wurde.<br />

457 Für den 23.02.1989 hatte der Küster der Friedenskirche (Leipzig-Gohlis), Christfried Heinze, anläßlich des 46.<br />

Jahrestages der Ermordung der Geschwister Scholl einen Gedenkmarsch bei der VP beantragt. Nach der<br />

Demonstration am 15.01.1989 befürchteten die staatlichen Stellen, daß dies zu einer erneuten<br />

Protestdemonstration führen würde. Das Sekretariat der SED-Kreisleitung beschloß auf seiner Sitzung am 16.02.<br />

aus diesem Gr<strong>und</strong> einen Maßnahmekatalog, um diese Demonstration zu verhindern (StAL SED N 892). Durch<br />

verschiedene Gespräche mit Heinze (Polizei <strong>und</strong> MfS) <strong>und</strong> anderen Mitgliedern der Friedensgruppe<br />

(Ausreiseantragsteller) erreichten die staatlichen Stellen, daß der Antrag zurückgenommen wurde. Dafür fand am<br />

22.02. in der Friedenskirche ein Scholl-Gedenkgottesdienst statt (Jahn an Löffler am 22.02.1989, BArch O-4 973<br />

<strong>und</strong> Information der SED-SL Leipzig vom 14.02.1989 - StAL SED A 5322). s.a. S. 275<br />

458 Veranstaltung zur Auseinandersetzung mit der staatlichen Pädagogik<br />

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