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Freunde und Feinde

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kirchlichen Vertretern den Vorschlag, analog wie in Dresden am 8.10.1989, auch in Leipzig zu verfahren.<br />

Genosse Dr. Reitmann erklärte sich bereit, am Dienstag, dem 10.10.1989, mit ca. 20 Vertretern aus den<br />

kirchlichen Gruppen zu sprechen, wenn der Bischof mit Nachdruck dazu auffordert, notfalls auch auf dem<br />

Nikolaikirchhof per Mikrofon, daß die Teilnehmer friedlich den Platz verlassen <strong>und</strong> nach Hause gehen<br />

sollen. In diesem Zusammenhang informierte der Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates für Inneres den<br />

Bischof, daß in der Michaeliskirche am 8.10.1989 während der Fürbittandacht dazu aufgefordert wurde,<br />

heute nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche schweigend <strong>und</strong> mit erhobenen Händen durch die<br />

Stadt zu marschieren.<br />

Hempel <strong>und</strong> Auerbach gaben zu verstehen, daß sie davon nichts wüßten, sie sich aber sofort nach diesem<br />

Gespräch sachk<strong>und</strong>ig machen wollen. [/] Bischof Hempel verwies auf das stattgef<strong>und</strong>ene Gespräch mit<br />

dem Vorsitzenden des Rates des Bezirkes <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Wünschen <strong>und</strong> Hoffnungen. Ihm<br />

sei aber klar, daß wir das so nicht schaffen werden. Nach seiner Meinung stehen zwar Verbindungen zur<br />

Nikolaikirche - <strong>und</strong> diese spielt auch eine gewisse Rolle - aber nur bedingt, im Kern ist sie nicht der<br />

Verursacher der jetzigen Situation. Er versteht das Ansinnen des Staates, aber ihm stellt sich gleichzeitig<br />

die Frage, <strong>und</strong> das habe er auch schon zum 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden gesagt, wie es<br />

überhaupt weitergehen solle. Nach seiner Überzeugung gibt es nur zwei Wege, entweder reden oder die<br />

absolute Gewalt.<br />

Seitens Genossen Dr. Reitmann wurde Bischof Hempel darauf aufmerksam gemacht, daß in der Presse<br />

differenzierter zur Gesamtlage Stellung genommen wird. Er verwies auf die heutigen Veröffentlichungen<br />

in der Leipziger Volkszeitung <strong>und</strong> bezog sich insbesondere auf die Stellungnahme des Oberbürgermeisters<br />

der Stadt Leipzig, der darin bekräftigt, daß man nach wie vor am Verhältnis von Staat <strong>und</strong> Kirche auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage des Gesprächs vom 6.3.1978 festhalten will. [/] Mit Nachdruck wurde nochmals die Bitte an<br />

Bischof Dr. Hempel gerichtet, sich im Friedensgebet sehr deutlich zu artikulieren, weil dies insgesamt<br />

sehr hilfreich sein könnte. Dr. Reitmann wiederholte nochmals seinen Vorschlag, den Leuten heute zu<br />

sagen, daß morgen mit einem ausgewählten Kreis von Vertretern aus kirchlichen Gruppen ein Gespräch<br />

mit ihm stattfinden kann.<br />

Bischof Hempel verwies darauf, daß dies für ihn eine neue Situation darstellt, wozu er sich mit den beiden<br />

Superintendenten erst verständigen muß. Das Angebot von Dr. Reitmann nimmt er dankend zur Kenntnis,<br />

möchte aber darauf hinweisen, daß man sich davon nicht viel versprechen sollte, da in Dresden eine<br />

andere Situation besteht als in Leipzig, sie ist hier diffuser.<br />

Er zittere schon um die Auswertung des Gesprächs mit dem Oberbürgermeister der Stadt Dresden, die<br />

heute in den Dresdener Kirchen stattfindet, denn das Gespräch war nicht so erfolgreich, was nach seiner<br />

Meinung auch nicht zu erwarten war.<br />

Bischof Hempel sicherte Genossen Dr. Reitmann zu, das Ergebnis der Beratung mit den beiden<br />

Superintendenten ihm sofort telefonisch zu übermitteln. Man werde sich auch überlegen, wie sein Wort<br />

den Gottesdienstteilnehmern in der Thomaskirche, Michaeliskirche <strong>und</strong> Ev. Reformierten Kirche<br />

mitgeteilt wird.<br />

Zum Abschluß des Gesprächs machte der Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes nochmals<br />

sehr eindringlich auf den Ernst der Situation aufmerksam <strong>und</strong> appellierte an die Wahrnehmung der<br />

Verantwortung des Bischofs.<br />

241 Staatliche Gesprächsnotiz<br />

Aktennotiz vom Rat des Bezirkes Leipzig, Bereich Kirchenfragen (Müller), vom 09.10.1989 über eine<br />

Information von OKR Auerbach (ABL H 53 <strong>und</strong> in: BArch 0-4 1117).<br />

Die im Gespräch am 9.10.1989 zugesagte Rückäußerung zum Vorschlag des Stellvertreters des<br />

Vorsitzenden des Rates für Inneres gegenüber Bischof Dr. Hempel erfolgte gegen 16.20 Uhr durch OLKR<br />

Auerbach.<br />

Er teilte folgendes mit:<br />

Heute sei in der Nikolaikirche wieder eine andere Situation. Die Kirche sei von einer großen Anzahl<br />

Nichtkirchenangehöriger besucht. Viele Gruppen seien seit 14.00 Uhr in die Kirche hineingegangen. Für<br />

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