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Freunde und Feinde

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einzuleiten seien, die für Spannungsperioden vorgesehen waren22 . Die Listen der festzunehmenden <strong>und</strong> zu<br />

isolierenden Personen wurde aktualisiert 23 <strong>und</strong> auch der Einsatz von Militär (am 9.10. 24 ) gegen<br />

Demonstranten vorgesehen 25.<br />

Gesellschaftliche Kräfte<br />

In der DDR wurden mit „gesellschaftlichen Kräften“ einerseits alle politisch aktiven26 oder zumindest alle<br />

in offiziellen Verbänden organisierten Bürger27<br />

<strong>und</strong> andererseits ausdrücklich eingesetzte Claqueure<br />

bezeichnet. Diese „gesellschaftlichen Kräfte“ waren Personen, die nebenberuflich von der SED zu deren<br />

Sicherheitseinsätzen hinzugezogen wurden. Der Einsatz geschah nach Vorgaben, die vom MfS erarbeitet<br />

wurden <strong>und</strong> von den entsprechenden Sekretariaten der SED beschlossen wurden. Nach der Demonstration<br />

am 15.01.1989 befahl das Sekretariat der SED-BL, verstärkt Gruppen „gesellschaftlicher Kräfte“ zur<br />

„Verhinderung von Provokationen oder anders gearteter Störungen der öffentlichen Ordnung <strong>und</strong><br />

Sicherheit“ zu bilden. Besonders in Leipzig sollte eine größere Zahl einsatzfähig sein28 . Wie es in den<br />

Beschlüssen heißt, sollte das MfS die SED-Sekretäre dabei „wirksam unterstützen“. Der Leiter der BV des<br />

MfS sah folgende Einsatzmöglichkeiten für die „gesellschaftlichen Kräfte“: 1. bei Veranstaltungen der<br />

Opposition zur offensiven Auseinandersetzung, 2. als „Gruppen zum Auflösen, Isolieren, Abdrängen,<br />

Durchdringen“ der Opposition, 3. zur „offensive Auseinandersetzung bei [staatlichen] K<strong>und</strong>gebungen<br />

gegen [...] Störer“ <strong>und</strong> 4. als Zeugen <strong>und</strong> zur „Beweissicherung“. Er dachte dabei an Gruppen von<br />

höchstens 30 Personen29 . Eingewiesen wurden die „gesellschaftlichen Kräfte“ vom MfS, für den Einsatz<br />

verantwortlich war jedoch der jeweilige 1. bzw. 2. Sekretär der SED-Leitung. Hinzugezogen wurden vor<br />

allem FDJ1er (FDJ-Ordnungsgruppen), Kampfgruppenangehörige, Mitarbeiter aus den staatlichen<br />

Betrieben <strong>und</strong> Universitätsangehörige. Um zum Beispiel eine Demonstration nach dem Friedensgebet am<br />

23.01.1989 zu verhindern, wurden durch die Stadtleitung der SED „ca. 400 Genossinnen <strong>und</strong> Genossen<br />

aus dem Partei- <strong>und</strong> Staatsapparat sowie aus Gr<strong>und</strong>organisationen der Kombinate <strong>und</strong> Betriebe“<br />

zusammengerufen, in der Leipzig-Information eingewiesen <strong>und</strong> dann auf das Gebiet um die Nikolaikirche<br />

verteilt 30.<br />

22 S. Maßnahmenkatalog vom 08/09.10.1989 der Abt. XX (BStU Leipzig AB 1077, 56)<br />

23 Liste der KD Leipzig mit dem Titel „Im Rahmen des Vorbeugungskomplexes zuzuführende Personen, die dem<br />

politischen Untergr<strong>und</strong> zuzuordnen sind“ (vom 9./11.10.1989 - ABL Internierungslager Leipzig), dort werden<br />

121 Personen aufgeführt. Eine ähnliche Liste ist vermutlich auch von der BV Leipzig zusammengestellt worden.<br />

24 s. Kuhn (1992)<br />

25 Die Kampfgruppen wurden schon vor dem September 1989 eingesetzt, so z.B. zur Absicherung der<br />

„Maimanifestation“ am 01.05.1989. Am 2.10.1989 kamen 3 H<strong>und</strong>ertschaften in Leipzig zum Einsatz. s.a.<br />

Besier/Wolf, 608<br />

26 vgl. Offener Brief der Fastenstafette 1986 (Dok. 19), Flugblatt vom 09.11.1988 (Dok. 104) <strong>und</strong> die Forster<br />

Eingabe (Dok. 211), vgl. auch die doppelbödige Verwendung bei Pommert (Dok. 176)<br />

27 s. S. 95 <strong>und</strong> S. 326<br />

28 Beschluß zur offensiven politisch-ideologischen Arbeit mit allen Bürgern unter besonderer Berücksichtigung<br />

jener, die negativen bzw. feindlichen Einflüssen unterliegen (Beschluß-Nr. 45/89, die Vorlage wurde von H.<br />

Schumann erarbeitet - StAL SED A 5524 <strong>und</strong> H. Schumann, Information über erste Ergebnisse bei der<br />

Umsetzung des Beschlusses über Maßnahmen zur Verstärkung der offensiven politisch-ideologischen Arbeit<br />

vom 01.02.1989, Beschluß-Nr. 123/89 - StAL SED A 5527).<br />

29 Notizen Hummitzsch (BStU Leipzig AB 3843, 148ff.) <strong>und</strong> „Maßnahmen zur Auswahl, zur Qualifizierung, zum<br />

Einsatz sowie Führung gesellschaftlicher Kräfte zur Verhinderung von Provokationen oder anders gearteter<br />

Störungen der öffentlichen Ordnung <strong>und</strong> Sicherheit im Bezirk Leipzig“ des Leiters der BV Leipzig des MfS, die<br />

vom 1. Sekretär der SED-BL bestätigt wurde (14.02.1989, abgedruckt in: STASI intern, 56-59), s.a. Mitter/Wolle<br />

(1990), 54f.<br />

30 s. Dok. 131 Im Jahresplan der Abteilung XX der BV MfS Leipzig für 1989 heißt es: „Die Kader der unter<br />

Verantwortung der Kreisleitung der SED an der KMU Leipzig gebildeten Formation gesellschaftlicher Kräfte [/]<br />

- zur operativen Kontrolle von Zusammenkünften von PUT-Kreisen, vor allem in Kirchen; [/] - zur offensiven<br />

Auseinandersetzung mit in derartigen Zusammenkünften vertretenen feindlich-negativen Positionen [/] werden<br />

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