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Freunde und Feinde

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Nachteil zu einem bestimmten Verhalten zwingt.“ (Lachen, Klatschen)<br />

Auch der Versuch ist strafbar - jedenfalls dann, wenn ein einzelner Bürger ihn unternimmt. (Lachen,<br />

Beifall)<br />

Anders, wenn der Staat selbst den Tatbestand der Nötigung erfüllt. Wenn der Staat selbst Gewalt androht<br />

oder anwendet - oder Versuche in dieser Richtung anstellt - oder andere dazu auffordert. Wenn der Staat<br />

selbst Gewalt androht oder anwendet, hat er nicht mit einem Strafverfahren zu rechnen (Lachen, Beifall)<br />

aber, aber mit den Folgen: (Lachen, Beifall) Wer Gewalt übt, mit Gewalt droht <strong>und</strong> sie anwendet, wird<br />

selbst Opfer der Gewalt.<br />

Wer das Schwert nimmt, wird durchs Schwert umkommen. Wer die Kalaschnikow nimmt, hat mit einem<br />

Kopfschuß zu rechnen. (langer Beifall) (Das ist nicht begrüßenswert, ich finde, das ist einfach so.) Wer<br />

eine Handgranate wirft, kann gleich eine Armamputation einkalkulieren. Wer einen Bomber fliegt,<br />

erscheint selbst im Fadenkreuz. Wer einen Gummiknüppel schwingt, sollte besser einen Schutzhelm<br />

tragen. (langer Beifall) Wer andere blendet, wird selbst blind. Wer andere willkürlich der Freiheit beraubt,<br />

hat bald selbst keine Fluchtwege mehr. (Lachen, Beifall) Wer das Schwert nimmt, wird durchs Schwert<br />

umkommen.<br />

Das ist für mich keine gr<strong>und</strong>sätzliche Infragestellung staatlicher Gewalt. Ich bejahe das staatliche<br />

Gewaltmonopol. Ich sehe keine sinnvolle Alternative dazu.<br />

Aber<br />

1. Staatliche Gewalt muß effektiv kontrolliert werden; gerichtlich, parlamentarisch <strong>und</strong> durch<br />

uneingeschränkte Mittel der öffentlichen Meinungsbildung. (langer Beifall)<br />

2. Staatliche Gewalt muß sinnvoll begrenzt sein: Unser Land (zum Beispiel) ist nicht so reich, daß es sich<br />

einen so gigantischen Sicherheitsapparat leisten kann. (20 Sek<strong>und</strong>en Beifall)<br />

„Die Verfassung eines Landes sollte so sein, daß sie die Verfassung des Bürgers nicht ruiniert“, (Lachen,<br />

Beifall) so schrieb Stanislaw Jercy Lec vor 20 Jahren. Da (muß) die Verfassung eben (geändert werden)<br />

[im Manuskript: müssen wir ... ändern]. (Beifall)<br />

Angst? (Angst haben wir, denke ich, alle. Und nicht nur dann, wenn wir einsam sind. Wie wir das im<br />

ersten Kanon gehört haben.<br />

Aber:) „Fürchtet euch nicht! Mir ist gegeben alle Gewalt, im Himmel <strong>und</strong> auf Erden.“ - so sagte einst<br />

Jesus.<br />

Das war keine Drohung. Das (war keine Nötigung <strong>und</strong>) ist keine Nötigung. Dahinter steht kein<br />

Machtapparat.<br />

„Mir ist gegeben alle Gewalt...“, d.h. innere (Gewißheit <strong>und</strong> innere Kraft) <strong>und</strong> äußere Glaubwürdigkeit<br />

<strong>und</strong> das heißt für mich: echte Kompetenz: Vollmacht (haben die Älteren dazu gesagt). Und daran<br />

bekomme ich Anteil, wenn ich verantwortlich denke glaubwürdig rede durchschaubar handle. (Und) dazu<br />

lade ich Sie ein, heute. Gegenüber solcher Vollmacht sind Stasi-Apparat, H<strong>und</strong>ertschaften, H<strong>und</strong>estaffeln<br />

nur Papiertiger. (Beifall)<br />

Also: Fürchtet euch nicht! Wir können auf Gewalt verzichten.<br />

Fr. Richter [Berichte über erlebte Gewalt]: Wenn wir heute über Gewalt sprechen, tun wir das (natürlich)<br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong>, der sich jeden Montag nach dem Friedensgebet wiederholende[n], der wir<br />

ohnmächtig <strong>und</strong> hilflos gegenüberstehen. Die Frage ist, wie kann ich, wie können Sie auf die erfahrene<br />

Gewalt reagieren? Um es gleich zu sagen, es geht mir im folgenden nur um die Gewalt, die von diesem<br />

Staat ausgeht.<br />

Strukturelle staatliche Gewalt tritt selten offen <strong>und</strong> für jeden sofort sichtbar auf. (Vielleicht) haben wir uns<br />

schon zu sehr an Pressezensur <strong>und</strong> Druckgenehmigungspraxis gewöhnt. Sie stellte aber genauso ausgeübte<br />

Gewalt dar wie die Reiseverbote <strong>und</strong> das Verbot sich zu versammeln. (Beifall)<br />

Wer kann sich den Druck wirklich vorstellen, der auf jungen Männern lastet, die ihrem Gewissen<br />

entsprechend Wehrdienst verweigern? Aber auch die, die den Dienst in der NVA leisten, werden täglich<br />

unterdrückt. Jene Bausoldaten etwa, die in einem offenen Brief die Mißstände in ihrem Bataillon zur<br />

Sprache brachten <strong>und</strong> den unpersönlichen Umgang der Vorgesetzten mit ihnen kritisierten [im Manuskript<br />

folgte: werden jetzt im Dienst schikaniert]. Es fand bei ihnen eine sogenannte Tiefenprüfung ihrer Zimmer<br />

<strong>und</strong> Schränke statt. Briefe, Aufzeichnungen <strong>und</strong> Tagebücher wurden beschlagnahmt.<br />

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