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Freunde und Feinde

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Ausdruck bringen, daß ich es mit meinem gestellten Ausreiseantrag auch ernst meine.“<br />

T. [... /] „Ich habe an dem Schweigemarsch teilgenommen, um zu dokumentieren, daß ich die DDR<br />

verlassen will. Ich betrachte dies als mein Recht der Versammlungs- <strong>und</strong> Glaubensfreiheit, <strong>und</strong> ich<br />

möchte den Staat auf legale Weise verlassen. Somit habe ich mich eben den anderen Antragstellern<br />

angeschlossen, um meinen Willen zu dokumentieren, auszureisen.<br />

L. [... /] „Ich bin unzufrieden, wie mein Übersiedlungsantrag z.Z. bearbeitet wird, denn man hört nichts<br />

<strong>und</strong> wartet nur auf einen positiven Bescheid. Und ich möchte mit meiner Beteiligung an solchen<br />

Friedensmärschen <strong>und</strong> Zusammenkünften meine Meinung, meine Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen.<br />

Ich werde mich in Zukunft an derartigen Zusammenkünften beteiligen, bis ich einen positiven Entscheid<br />

habe.“<br />

Aus der Tendenz der Aussagen ist erkennbar, daß die Antragsteller, die an den Friedensgebeten<br />

teilnehmen, durch ihre Beteiligung an derartigen Zusammenrottungen die Konfrontation mit den<br />

Staatsorganen zunehmend suchen. Zumindest ist ihre Bereitschaft zur Mitwirkung daran vorhanden, so<br />

daß, wenn eine Person ein entsprechendes Signal setzt (wie am 22.5 89 durch G. [...] geschehen), auch in<br />

Zukunft mit derartigen Vorkommnissen zu rechnen ist, zumal infolge der getroffenen zentralen<br />

Entscheidung das Beispiel nachahmenswert erscheint <strong>und</strong> erfolgversprechend ist 521 . Aus den Aussagen ist<br />

nicht erkennbar, daß ein solcher Marsch von vornherein geplant war. Es hat sich aber durch<br />

Flüsterpropaganda <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> gezielter Informationen der Westmedien unter den Antragstellern<br />

herumgesprochen, daß nach dem Friedensgebet derartige Märsche stattfinden sollen. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e<br />

reisten auch die Personen aus dem Bezirk Halle an. 5 Personen, darunter 2 aus dem Bezirk Halle, waren<br />

bereits am 7.5.1989 bzw. 15.5.1989 aufgefallen.<br />

Insgesamt zeigt sich, daß die montäglichen Friedensgebete in der Nikolaikirche, unabhängig davon, ob im<br />

nachhinein eine Provokation stattfindet oder nicht, als ein Forum des Informationsaustausches der<br />

Antragsteller <strong>und</strong> als die Gelegenheit, auf sich aufmerksam zu machen, betrachtet wird.<br />

Die insgesamt zugeführten 52 Personen gliedern sich wie folgt auf.<br />

1. Bezirk Leipzig insgesamt 38 Personen<br />

davon aus der Stadt Leipzig24 Personen<br />

aus den Kreisen Leipzig-Land 4 Personen<br />

Borna 4 Personen<br />

Geithain 1 Person<br />

Grimma 1 Person<br />

Delitzsch 1 Person<br />

Altenburg 1 Person<br />

Wurzen 2 Personen<br />

Von diesen 38 Personen sind 28 als Antragsteller auf Übersiedlung registriert, <strong>und</strong> eine Person hat die<br />

Absicht dazu in der Befragung bek<strong>und</strong>et.<br />

2. Bezirk Halle insgesamt 14 Personen<br />

davon aus der Stadt Halle 5 Personen<br />

aus den Kreisen Merseburg 4 Personen<br />

Dessau 3 Personen<br />

Weisenfels 2Personen<br />

Von diesen 14 Personen sind 13 als Antragsteller auf Übersiedlung registriert.<br />

Eine Zuordnung der zugeführten Personen zur sozialen Struktur ergibt folgendes Bild<br />

Bezirk Leipzig Bezirk Halle<br />

Facharbeiter Industrie <strong>und</strong> Landwirtschaft 18 11<br />

Mitglied PGH 2 -<br />

521 Hier ist vermutlich gemeint, daß Ausreiseantragsteller, die demonstrierten, kurzfristig die DDR verlassen<br />

durften/mußten. Nach den Verhaftungen infolge des FG am 12.06.1989 meldete Mielke an Honecker, Krenz u.a.:<br />

„Des weiteren ist vorgesehen, differenzierte Entscheidungen zur ständigen Ausreise unter Beachtung des<br />

Disziplinierungsfaktors vorzubereiten.“ (Information Nr. 297/89 vom Leiter des MfS, Mielke - BStU ZAIG<br />

3748)<br />

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