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Freunde und Feinde

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auch so im Falle des Antrages auf Übersiedlung. Sie kommen erst dann, wenn sie schon 2-3 Jahre den<br />

Antrag gestellt haben. Aber wir sprechen mit ihnen, hören ihnen zu. Beim Staatsorgan fühlen sich diese<br />

Menschen meist nur „agitiert“. Wir können aber kaum jemanden veranlassen, hier zu bleiben. Man muß<br />

auf jeden Fall die Ursachen ansprechen, auch wenn es weh tut. Man kann das aber nicht so tun, wie in<br />

dem Artikel in der LVZ „Was treibt Frau K. ins Stadtzentrum?“ Das war die Frau des Parteisekretärs der<br />

Möbelwerke in Wurzen. Dieser Parteisekretär war von einer Reise in die BRD nicht zurückgekehrt. Wir<br />

haben von dieser Tatsache aber keinen Gebrauch gemacht, um die Stimmung nicht weiter anzuheizen.<br />

Unsere Erfahrungen sind auf jeden Fall: Lassen Sie die Polizei weg, dann tritt schnell Ruhe vor der<br />

Nikolaikirche ein.<br />

Der OBM griff mehrfach in die Diskussion ein <strong>und</strong> legte die Dinge aus unserer Sicht dar. Auf Gr<strong>und</strong> der<br />

fortgeschrittenen Zeit (die Mitglieder des Kirchenvorstandes wollten am Gedenkgottesdienst anläßlich des<br />

50. Jahrestages des Beginns des 2. Weltkrieges in der Nikolaikirche teilnehmen) konnten nicht alle Fragen<br />

ausdiskutiert werden.<br />

Ein Vorschlag zur Weiterführung des Gesprächs zu einem späteren Zeitpunkt wurde von Pf. Führer<br />

abgeblockt 598 mit der Bemerkung, daß es nicht üblich sei, daß Kirchenvorstände mit staatlichen Organen<br />

sprechen.<br />

Das Gespräch verlief insgesamt in einer von beiden Seiten offenen, freimütigen <strong>und</strong> sachlichen Form.<br />

197 Staatliche Einschätzung<br />

Auszug aus einem Informationsbericht des Stellvertreters des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes Leipzig<br />

für Inneres, Reitmann, zur Situation auf dem Gebiet der Staatspolitik in Kirchenfragen Juli/August 1989 vom<br />

05.09.1989. Die Information trägt den Stempel „Dienstsache Expl. Nr. 6/89/01“, den Eingangsstempel des<br />

Staatssekretärs für Kirchenfragen vom 11.09.1989 <strong>und</strong> verschiedene Bearbeitungsspuren (BArch O-4 1117).<br />

Evangelische Kirchen [/] zu 1.<br />

Im Mittelpunkt der kirchlichen Arbeit des Berichtszeitraumes standen die geplanten kirchlichen<br />

Aktivitäten, die Einwirkung auf die Situation um die Nikolaikirche zu Leipzig <strong>und</strong> die Führung des<br />

politischen Gesprächs zur Erläuterung der wirtschafts- <strong>und</strong> gesamtpolitischen Strategie von Partei <strong>und</strong><br />

Staat. Die Situation in den kirchlichen Gremien ist weiterhin gespannt <strong>und</strong> von der Tendenz gezeichnet,<br />

zunehmend gesellschaftspolitische Themen aufzugreifen <strong>und</strong> sich darüber auszutauschen. Progressive<br />

Kräfte <strong>und</strong> Gruppierungen beschreiben oft eine „Wirkungslosigkeit“ ihrer Haltungen <strong>und</strong> Meinungen. Es<br />

sind auch Haltungen spürbar, einem Gespräch mit Vertretern der Staatsorgane auszuweichen. [...] Die<br />

Situation um die Nikolaikirche betreffend führten der Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates des<br />

Bezirkes für Inneres Gespräche mit dem amtierenden Präsidenten des LKA Sachsens <strong>und</strong> OKR Auerbach<br />

sowie der Stellvertreter des OBM der Stadt Leipzig für Inneres mit den Leipziger Superintendenten.<br />

Gleichzeitig brachten die Stellvertreter Inneres der Räte der Kreise <strong>und</strong> Stadtbezirke in ihren Gesprächen<br />

mit Superintendenten <strong>und</strong> leitenden Amtsträgern die staatliche Erwartungshaltung gegenüber den<br />

Ereignissen um die Nikolaikirche zum Ausdruck, wobei gleichzeitig eine Bewertung der gegenwärtigen<br />

Hetzkampagne gegen die DDR erfolgte.<br />

Einige beispielhafte Positionen: [/] Superintendent Magirius, Leipzig-Stadt:<br />

„Es ist schmerzlich für ihn zu sehen, wie zum 40. Jahrestag der DDR der einstmalige Schwung beschädigt<br />

ist. Ein Stück Gr<strong>und</strong>vertrauen in der Bevölkerung ist verlorengegangen. Er hat den Eindruck, die Führung<br />

wisse nicht, was im Lande geschieht. Besonders belastend ist für ihn die Medienpolitik. Diese gebe die<br />

Stimmung der Bevölkerung nicht wieder. Er habe von Marxisten gehört, wie theoretisch klar die<br />

Kategorien gesellschaftliches Bewußtsein, Alltagsbewußtsein u.a.m. gehandhabt werden sollen. Er wolle<br />

keine andere DDR, sondern diese wieder in Fahrt bringen. Es kann uns doch nicht egal sein. wenn so viele<br />

Leute weggehen wollen. Er habe die Bitte <strong>und</strong> sage es nun schon zum often Male, Erfolge <strong>und</strong> Probleme<br />

598 „abgeblockt“ wurde im Exemplar der Abt. XX/4 des MfS dick unterstrichen. Aufgr<strong>und</strong> der Vermerke auf dem<br />

Exemplar kann davon ausgegangen werden, daß die Aktennotiz am 4.9. beim MfS war.<br />

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