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Der Burgbote 1988 (Jahrgang 68)

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Musik aktuell<br />

Karl—Robert Danler porträtiert<br />

den zeitgenössischen Kom—<br />

ponisten:<br />

„Harald Genzmer — Komponist<br />

und Praktiker<br />

Am 9. Eebruar 1909 in Bre—<br />

men—B1umenthal geboren, er—<br />

freut sich Harald Genzmer<br />

auch heute noch einer unge—<br />

brochenen Vitalität. Er studier—<br />

te in Berlin bei Curt Sachs und<br />

Georg Schünemann und wur—<br />

de dann ein Schüler Paul Hindemiths.<br />

wohl dessen bedeu—<br />

tendster Studiosus überhaupt.<br />

Am Opernhaus in Breslau<br />

begann (‘xenzmer seine prakti—<br />

sche kt’mstlerische Tätigkeit<br />

als Korrepetitor (1954/ 57). In<br />

seiner Genzmer—Monr>graphie<br />

sagt Erich Valentin: Es ist be—<br />

ziehungsvoll. daß er dann<br />

nicht, wie zu em'arten war,<br />

über das ausgeübte Amt des<br />

Studienleiters in die Kapellmeisterei<br />

‘aufstieg’. IÜIberra—<br />

schenderweise wandte er sich<br />

einer völlig anders gearteten<br />

Aufgabe zu: der Beschäftigung<br />

mit dem sogenannten Laien, d.<br />

h. der Erfüllung eines selbstgewählten<br />

sozial-pädagogischen<br />

Auftrags. Das geschah — in den<br />

Jahren 1958/ 40—an der Volksmusikschule<br />

Berlin-Neukölln,<br />

übrigends unmittelbar nachdem<br />

Hindemith seine ohne—<br />

dies durchl('‚')cherte Hoch—<br />

schultätigkeit aufgegeben hat—<br />

te. Das zu erwähnen erscheint<br />

deshalb notwendig, weil in der<br />

Tatsache von Genzmers neu—<br />

em Wirkungskreis ein Stück<br />

von jener fruchtbaren Anre—<br />

gung erkennbar wird, die aus<br />

Hindemiths und Eritz Jodes<br />

Initiative gerade erst entstan—<br />

den war. Beides nun, Theater<br />

und Volksmusikschule, mag<br />

auf den ersten Blick unverein—<br />

bar scheinen. Aber gerade in<br />

diesergegensätzlich wirkenden<br />

Kombination und Abfolge, die,<br />

wie gesagt,auffreiem Entschluß<br />

beruhte, ist der Weg vorgezeichnet.<br />

den Genzmer ging.“<br />

Nach dem Kriege wurde<br />

Genzmer 1946 Professor an<br />

der Hochschule für Musik in<br />

Freiburg, und 1957 folgte er<br />

einem Ruf als Professor für<br />

Komposition an die Staatliche<br />

Hochschule für Musik in Mün—<br />

chen. In den 50 Jahren, in<br />

denen Harald Genzmer in<br />

München lebt und wirkt, ist —<br />

wie oft schon — eine schöpferi—<br />

sche Potenz norddeutscher<br />

Herkunft bruchlos in die süd—<br />

deutsche Kulturlandschaft ein—<br />

gegangen. Mehrere Jahre hat<br />

Genzmer auch als Präsident<br />

der Abteilung Musik innerhalb<br />

der Bayerischen Akademie der<br />

Schönen Künste einen berei—<br />

chernden Einfluß auf das gei—<br />

stig—kulturelle Klima Mün—<br />

chens ausgeübt.<br />

Über das Musikdenken<br />

Genzmers hat Gustav Scheck<br />

im Vonvort eines Genzmer-<br />

Werkverzeichnisses ausge—<br />

führt: „Aus seiner Ehrfurcht<br />

und Bewunderung gegenüber<br />

Debussy, Hindemith, Bartok,<br />

Strawinsky und auch Richard<br />

Strauss hat Genzmer nie ein<br />

Geheimnis gemacht. Er kennt<br />

ihre Werke, wie die der älteren<br />

großen Meister bis in die fein—<br />

sten Strukturen. Wie oft der<br />

Vollblutmusiker, der Genzmer<br />

ist, Freunde oder Schüler<br />

durch unerschöpfliche Zitate<br />

am Klavier verblüfft. Den Weg<br />

zum Neuland der Musik<br />

Schönbergs und 'Weberns<br />

mochte Genzmer, ungleich<br />

Dallapiccola, nicht gehen. Die<br />

esoterische Welt der inkom—<br />

mensurablen Klänge, der Zau—<br />

bergärten der Dodekaphonie,<br />

der kaleidoskopisch schim—<br />

mernden Mobilität der Formen<br />

zog Genzmer so wenig an wie<br />

die Attitüde der antibürgerli—<br />

chen Fronde. Das Werk Genzmers<br />

verneint das L’art pour<br />

l’art der Verlorenheit des<br />

Künstlers in einer verständnis—<br />

losen und feindlichen Umwelt.<br />

Es ist dem Leben, dem Musikleben,<br />

wie es sich anbietet, zu—<br />

gewendet“.

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