Der Burgbote 1988 (Jahrgang 68)
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Stimme und mit Herz und Seele<br />
gestaltet Louise Rijs (Alt).<br />
Debussys „Invocation” für<br />
Tenorstimme (etwas klangdünn<br />
Marc Clear), Männerchor und<br />
Orchester bietet vor allem den<br />
Instrumentalisten Gelegenheit<br />
zu feinen Klangspielen (schöner<br />
Streicherglanz). Ganz ausgiebige<br />
Proben ihres Könnens gibt die<br />
„Kölner Orchester-Gesellschaft”<br />
bei Camille Saint-Saöns ‚<br />
Orgelsinfonie (an der Orgel:<br />
Hans Günther Marner). Zum<br />
Schluß Applaus und Geburtstagsblumen.<br />
gs"<br />
Kölnische Rundschau<br />
Dienstag, 08.03.<strong>1988</strong><br />
„Die Laien schwelgten<br />
Was für Berufsmusiker Alltag<br />
ist, bleibt für musizierende Laien<br />
meist ein Traum: große Werke in<br />
der Öffentlichkeit aufzuführen.<br />
In den hundert Jahren ihres Bestehens<br />
hat die Kölner Orchester-Gesellschaft<br />
diesen Traum<br />
schon oft Wirklichkeit werden<br />
lassen. Zum Jubiläum wurde ein<br />
Programm ausgewählt, bei dem<br />
man in Klängen geradezu<br />
schwelgen kann. Mitglieder anderer<br />
Orchester machten beim<br />
Galakonzert am Sonntagabend<br />
aus den 50 Aktiven der KOG ein<br />
gut besetztes Sinfonieorchester,<br />
und die Philharmonie war ausverkauft.<br />
Um so mehr konnten sich die<br />
Spieler unter]an Corazolla an ge—<br />
sport fühlen, ihr Bestes zu geben.<br />
Mit Richard Wagners Meister—<br />
singer—Vorspiel hatte man sich<br />
einen grandiosen ersten Programmpunkt<br />
gewählt. Wer wollte<br />
es dem Orchester verübeln,<br />
daß ihm das festlich schreitende<br />
Meistersinger-Thema zu Beginn<br />
Louise Rijs, Alt und Marc Clear, Tenor waren die Gesangssolisten<br />
und Schluß der Ouvertüre besser<br />
lag als der polyphone Mittelteil?<br />
Ein Jubiläumskonzert gestaltet<br />
man nicht alleine. <strong>Der</strong> Köl—<br />
ner Männer-Gesang-Verein<br />
(KMGV) unter Hans-Josef Roth<br />
war mit von der Partie. So konn—<br />
ten die Spieler bei Brahm’s Alt-<br />
Rhapsodie und Debussys „Invocation”<br />
ihre Musikalität auch als<br />
Begleiter beweisen, beide Male<br />
dirigiert von Hans-Josef Roth,<br />
dem Leiter des KMGV. Die Altistin<br />
Louisa van Rijs und der<br />
Tenor Marc Clear (er vor allem)<br />
gestalteten ihre Partien feinfühlig<br />
und mit schönen Stimmen.<br />
<strong>Der</strong> Männergesangverein hat allerdings<br />
schon glanzvollere Zeiten<br />
erlebt.<br />
Zum Abschluß ein schwerer,<br />
gefühlvoller Brocken: Die Sin—<br />
fonie Nr. 3, die sogenannte Or—<br />
gelsinfonie, von Saint-Sa'ens.<br />
Dank guter Vorbereitung konn—<br />
ten die Orchestermusiker besonders<br />
hier ihr musikalisches Einfühlungsvermögen<br />
und für<br />
Amateure beachtliche technische<br />
Fähigkeiten unter Beweis<br />
stellen. Den Orgelpart versah als<br />
versierter Profi Hans Günther<br />
Marner.<br />
wo"<br />
Anmerkung:<br />
Die Rezensentin des Gala-<br />
Konzerts der KOG in der Rundschau<br />
Britta Worringen, Tochter<br />
des ehemaligen KMGV-Aktiven<br />
Peter Worringen befragte ich, ob<br />
ich die „glanzvolleren Zeiten”<br />
des KMGV etwa in der Kaiserzeit<br />
ansiedeln dürfe.<br />
Als Terminus für eine kriti—<br />
sche Bewertung einer Darbietung<br />
sei er mir zu „dünn”. Ich<br />
erbat mir Auskunft darüber, wo<br />
sie in punkto Intonation, Dynamik,<br />
Interpretation „Kritik zu<br />
üben hätte” und ob sie ihre Äußerungen<br />
im Vergleich zu früheren<br />
Vorträgen der Kompositionen<br />
sehe.<br />
Die Äußerung von Frau Worringen,<br />
sie hätte in erster Linie<br />
die KOG in deren Jubiläumskonzert<br />
rezensiert und ihre Freundin<br />
hätte den gleichen Eindruck<br />
gehabt, klingt nicht gerade überzeugend.<br />
Mit Lobhudelei ist den<br />
Beteiligten ebensowenig gedient<br />
wie mit „flapsigen” Bemerkungen.<br />
Etwas weniger wäre im<br />
obengennanten Fall mehr gewesen.<br />
Wolfgang Seul