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Der Burgbote 1988 (Jahrgang 68)

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Uns Zillchen<br />

Euriechen säuft, wenn Orphie<br />

„op Jück“ ist<br />

Grundlage ist Jacques Offenbachs<br />

Operette<br />

Von Renate Bach<br />

<strong>Der</strong> alte Sänger Orpheus ist<br />

ein strapazierter Mann. Die Zahl<br />

der Exter und ’lbndichter, die<br />

ihm huldigten, von der Antike<br />

bis zur Wendezeit, ist Legion.<br />

Nicht nur die Tiere und Bäume,<br />

ja selbst die Steine sollen<br />

gekommen sein, ihn zu hören.<br />

ln der Oper nun stellt sich<br />

Orphie, auch diesen zärtlichen<br />

Namen wird der große mythologische<br />

Musensohn noch verkraften,<br />

dem Ansturm eines<br />

auf den Karneval gekommenen<br />

Publikums. <strong>Der</strong> Prinz ist proklamiert,<br />

da treibt es in der Oper<br />

sein Kollege, Jacques Offenbachs<br />

Prinz von Arkadien als<br />

Prinz von Colonia, den der Pleitegeier<br />

in die Unterwelt katapultierte.<br />

An Jacques Offenbachs<br />

„Orpheus in der Unterwelt“ also<br />

reibt sich fröhlich das jüngste<br />

„Drüwer un Drunger“-Divertis—<br />

sementchen der Cäcilia Wolkenburg.<br />

Was aber ist oben, was<br />

unten in Köln?<br />

Verhöhnung des Edelsten<br />

Offenbach. der spritzigfreche,<br />

köstlich frivole Dissident,<br />

servierte 1858 den Parisern<br />

einen ehebrecherischen<br />

Orpheus, der ganz froh war, als<br />

er seine ähnlich veranlagte Gattin<br />

Eurydike an die bacchantische<br />

Götterwelt verlor. Da war<br />

es nun Schluß mit der mythologischen<br />

’ltagik des Verlusts. Das<br />

geschah zu einer Zeit, in der<br />

selbst Heinrich Heine den Cancan<br />

als Verhöhnung des Edelsten<br />

empfand.<br />

Nun haben wir hier und heute<br />

ein mildes, mitteleuropäisch<br />

gemäßigtes Klima, also rückten<br />

die Cäcilianer, besser: „et<br />

Zillche“ sich ihren Offenbach<br />

wieder kommod zurecht, stellten<br />

ihn vom frivolen Kopf wieder<br />

auf solide kurkölnische<br />

Füße. Und so wurde, Gerti Runkel<br />

und Josef Meinertzhagen<br />

haben es zu verantworten, ein<br />

recht geistreiches Spektakulum<br />

geschaffen. Euriechen/<br />

Eurydike schaut ziemlich häufig<br />

und ziemlich tief ins Glas, denn<br />

Orphie ist meist „op Jück“, will<br />

sagen: unterwegs. Gurkenhändler<br />

Pluto nutzt die Gunst<br />

der besäuselten Stunde und<br />

holt sich Euriechen in die Unterwelt<br />

— mit Anstand und Würde<br />

geht es in die Altstadt. Auch<br />

Jupiter ist wild auf Euriechens<br />

Erdbeermund, das wiederum<br />

verdrießt Gattin Juno, alias<br />

Mutter Colonia. Moral und Liebe<br />

siegen.<br />

Freundlich und sanft<br />

Spaß an der Fl'eud’, daß köl—<br />

nische Motto, man wird es nicht<br />

verwässern. Und so bleiben kritische<br />

Ausflüge in die nicht sehr<br />

olympischen Gefilde des Parteiengezänks,<br />

der Prinzendramen<br />

und Rathausdebakel<br />

freundlich-sanfte Marginalie.<br />

Mit angemessenem, gutem<br />

Schwung kam die Musik von<br />

Christoph Klöver über die<br />

Rampe, die Soli der „Götter“<br />

entzückten. Geplündert wurde<br />

bei Oper, Operette, Musical, Film<br />

und kölschen Evergreens.<br />

Zum Klingelpützjubiläum<br />

erklingt passend Verdis „Chor<br />

der Gefangenen“, Orphie<br />

wünscht mit „Don Giovanni“,<br />

daß man ihm die Hand reiche.<br />

Mars erscheint zu Fanfarenklängen<br />

aus dem „Fidelio“. Mit<br />

Glück und mit Gluck sucht<br />

21<br />

Orphie, wie man weiß, Euriechen<br />

(„Ach, ich habe sie verloren“),<br />

bis er sie, Mozart sei<br />

Dank, wiederfindet. Die Entführung<br />

aus dem Gurkenhändler—<br />

Serail fand ihr Ende.<br />

Dieses unterstrichen auf<br />

ganz besondere Art und Weise<br />

die Herren Ballettratten mit<br />

ihrer barocken Schönheit in Tüll<br />

und 'lrikot. Es ist besser, eine<br />

Komödie zu spielen als eine 'li'agödie<br />

zu erleben, sagte Jacques<br />

Offenbach. Das Publikum amüsierte<br />

sich „wie Bolle“, sagt man<br />

in Berlin.“<br />

Verlagsbeilage Kölnische Rundschau,<br />

23.1.<strong>1988</strong><br />

Beliebt beijung und alt:<br />

Et Zillche<br />

<strong>Der</strong> erste Beifallssturm<br />

bricht aus, wenn der Vorhang<br />

aufgeht. Denn gleich zum Auftakt<br />

des diesjährigen Divertissementchens<br />

„Drüwer un<br />

Drunger“ präsentiert sich die<br />

„Cäcilia Wolkenburg“, die Bühnengemeinschaft<br />

im Kölner<br />

Männer-Gesang-Verein<br />

(KMGV), in ihrer ganzen Pracht.<br />

Vor farbenprächtiger Kulisse<br />

— ein neues Meisterstück von<br />

Bühnenbildner Didi Rose —<br />

geben sich hundert der insgesamt<br />

130 Mitwirkenden ein<br />

erstes klangvolles Stelldichein.<br />

Das „urkölsche Spillche vom<br />

Zillche“ im KölnerOpernhaus ist<br />

auch in dieser Session wieder<br />

ein überwältigender Erfolg und<br />

kommt beim Publikum ausgezeichnet<br />

an. Die begehrten<br />

Karten waren — wie alljährlich —<br />

bereits lange vor Beginn der<br />

Vorstellungen ausverkauft.<br />

35000 Zuschauer werden die<br />

insgesamt 26 Aufführungen<br />

besuchen.<br />

„Das sind mehr als im Vorjahr“,<br />

betont KMGV—Präsident

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