Deutsche Wasserhistorische Gesellschaft e. V. - DWhG
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Bild 1: Der ca. 170 km lange Qanat Fir’aun beginnt<br />
in Syrien, verläuft bis über Adra’a hinaus oberirdisch<br />
und im heutigen Jordanien auf etwa 106 km Länge<br />
in einem Tunnel.<br />
Den Nachweis und die Entdeckung der<br />
Zusammenhänge dieses Tunnelsystems in dem 400<br />
km² großen unübersichtlichen Gelände hat sich unser<br />
Mitglied Prof. Dr.‐Ing. Mathias Döring (Darmstadt) zur<br />
Aufgabe gemacht. In Zusammenarbeit mit dem<br />
German Protestant Institut Amman (GPIA) sowie<br />
unseren Mitgliedern Jens Kleb, Patrick Keilholz,<br />
Benjamin Heemeier, Mourad Boutlilis und Rudolf<br />
Friedrich sowie Studierenden aus Darmstadt, Lübeck<br />
und Clausthal‐Zellerfeld hat er seit 2005 in fünf<br />
mehrwöchigen Kampagnen das Bauwerk weitgehend<br />
dokumentiert.<br />
Hypothese<br />
Die Nachforschungen begannen an einem bis dahin<br />
wenig beachteten Stollen unter der bronzezeitlichen<br />
Siedlung Zeraqōn, 40 km östlich von Gadara. Schnell<br />
stellte sich heraus, dass dieser keineswegs, wie bis<br />
dahin angenommen, dem 3. Jt. v. Chr. zuzurechnen<br />
war. Schon der Kalkstein mit glasartigen<br />
Flinthorizonten wäre mit Bronzewerkzeugen nicht zu<br />
bearbeiten gewesen. Der geräumige Querschnitt und<br />
der Verputz der Wände deuteten dagegen auf einen<br />
römischen Aquädukt hin. Weil entsprechende Städte<br />
in der Nähe fehlten, die dieser hätte versorgen<br />
können, musste es sich um den Teil einer<br />
Fernwasserleitung handeln.<br />
Der Vortrieb war nicht, wie üblich, von vertikalen,<br />
sondern von mit Treppen ausgestatteten, geneigten<br />
Schächten aus erfolgt, die bereits die Erbauer zum<br />
Schutz des Wassers wieder verschlossen hatten,<br />
sodass von außen keine Spur davon zu finden war.<br />
Erkundung und Dokumentation<br />
Mitteilungen Nr. 15, Seite 92 von 94<br />
Die Hypothese einer unterirdischen Fernwasserleitung<br />
von derart ungewöhnlichen Ausmaßen mündete in ein<br />
von der <strong>Deutsche</strong>n Forschungsgemeinschaft (DFG)<br />
gefördertes Projekt, dessen erster Schritt es war, ihren<br />
Verlauf zu finden. Um die Suche in dem 400 km²<br />
großen, unübersichtlichen Bergland einzugrenzen,<br />
wurden, ausgehend von Zeraqōn, hypothetische<br />
Trassen nach beiden Richtungen entworfen.<br />
Unterstellt man das übliche Gefälle von etwa 1 ‰,<br />
dann endete die Trasse tatsächlich in Gadara und<br />
berührte das heute unbewohnte Abila und das<br />
syrische Adra’a. Mit Hilfe des Entwurfs gelang es, über<br />
200 meist begehbare Bauschächte (Bild 2) zu finden,<br />
sodass sich ein eindeutiges Bild vom Verlauf des<br />
Tunnels ergab.<br />
Bild 2: Abstieg in einen Bauschacht. Die hochgerechnet<br />
2900, meist nur von innen erkennbaren, bis zu 75 m<br />
tiefen Schächte hatten Abstände von 15 bis 200 m.<br />
Repräsentative Tunnelabschnitte und unterirdische<br />
Bauwerke waren nun aufzunehmen, ihre Lage und<br />
Höhe nach außen zu übertragen und die Trasse per<br />
GPS einzumessen. Dabei behinderten immer wieder<br />
Wasser, Schlamm, Sauerstoffmangel und Gase die<br />
Arbeiten. Während sich das Gebirge als standfest<br />
erwies, versperrten häufig Erdmassen eingestürzter<br />
Bauschächte den Tunnel. An anderer Stelle war der<br />
Aquädukt auf mehreren Kilometern Länge ohne<br />
Hindernisse begehbar.<br />
Für den Bau eines Tunnels mit vertikalen Schächten<br />
lagen im 2. Jh. genügend Erfahrungen vor. Richtung<br />
und Höhenlage ließen sich mittels Lot zuverlässig<br />
nach unten übertragen. Hier jedoch scheint die<br />
antike Geodäsie an ihre Grenzen gestoßen zu sein.<br />
Denn die schrägen Schächte, die wohl die Transporte<br />
erleichtern sollten, dürften sich bei der Absteckung