Blicke ins Reich der Gnade
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KAPITEL 1<br />
ken und Begierden Hausen.<br />
Da suche man das schöne Gewächs <strong>der</strong> Gottesliebe, es ist ganz und<br />
gar versenkt und abgestorben; da sehe man sich um nach dem Grün<br />
kindlicher Zuversicht, herzlicher Andacht, inniger Gebetslust; da<br />
frage man nach dem Blümlein Demut, ob’s noch dufte; nach dem<br />
Kräutlein Patientin, d. i. Geduld, ob’s noch grüne; nach dem Jelängerjelieber,<br />
<strong>der</strong> Gottesgeme<strong>ins</strong>chaft, ob’s noch in <strong>der</strong> Blüte stehe;<br />
man frage nach <strong>der</strong> Kraft, nach dem Drang, nach dem Trieb, Gottes<br />
Willen zu tun, und nach dem himmlischen Sinn, nach dem Aufwärtstrachten!<br />
Ach, wo ist das alles hin? Wie sind wir zur Wüste geworden!<br />
Im schrecklichsten Sinne ist an uns in Erfüllung gegangen, was<br />
Jeremia sagt: „Herab von <strong>der</strong> Herrlichkeit, du Einwohnerin, Tochter<br />
Dibon, und sitze in <strong>der</strong> Dürre.Ünsre Kraft ist vertrocknet, wie es im<br />
Sommer dürre und trocken wird. Es ist nichts Grünes, es ist kein Leben<br />
in uns. Da bringe sich nur einmal einer selbst zum Grünen! Die<br />
besten Mittel, die er dazu anwendet, sind wie ein Wasser auf glühenden<br />
Sand vergebens ausgegossen, solange <strong>der</strong> Wun<strong>der</strong>tau Gottes<br />
nicht kommt. Da fasse man gute Vorsätze, da predige man und lasse<br />
sich predigen, da lese man Gottes Wort und singe Lie<strong>der</strong>, da suche<br />
man die E<strong>ins</strong>amkeit und fromme Gesellschaft, es ist alles nichts und<br />
schafft kein Leben, solange es <strong>der</strong> Herr nicht tut. Es ist, wie wenn es<br />
schneit, hagelt, taut und regnet auf die Pflastersteine <strong>der</strong> Gassen, sie<br />
bleiben Steine. Aber <strong>der</strong> Herr kann aus Steinen dem Vater Abraham<br />
und sich selber Kin<strong>der</strong> erwecken und die Wüsten blühen machen.<br />
„Ich,ßpricht <strong>der</strong> Herr, „ich will Israel sein wie ein Tau.Äch, das ist ja<br />
gut, daß er es sein will. Der Tau pflegt in schwülen Sommernächten<br />
zu fallen, wenn die Fel<strong>der</strong> dürsten und schmachten. So kommt auch<br />
<strong>der</strong> Tau Gottes, Christus, nur über durstige und schmachtende Seelen.<br />
Geht heraus in die Natur an einem frühen Sommermorgen; seht,<br />
wie es glänzt in den Tälern, und wie es liegt auf den Wiesengründen,<br />
wie ein Meer von Perlen; aber auf den hohen Bergen ist <strong>der</strong> Tau<br />
nicht gefallen. Darum wer des Himmelstaus Christi will innewerden,<br />
<strong>der</strong> werde zuvor ein Tal, <strong>der</strong> schreie zu Gott wie David „aus <strong>der</strong> Tiefe”!<br />
„Der Herr ist hoch,”heißt’s Psalm 138, „und sieht auf das Niedri-<br />
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