Blicke ins Reich der Gnade
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5.1. CHRISTI LUST UND<br />
wohnen, wohnen will er unter uns, und das ist seine Lust. „Der Himmel<br />
ist mein Stuhl, die Erde meine Fußbank; ich wohne aber bei den<br />
Elenden.Äber, liebster Heiland, wie kann denn da deine Lust sein,<br />
wo deine größte Unlust sein muß; wie kannst du da dein Vergnügen<br />
haben, wo niemand sein Vergnügen hat an dir; nein, niemand<br />
aus sich selber? Wie magst du dich da ergötzen können, wo alles<br />
dich verdrießen und anekeln muß? Ja, sei’s; er bleibt dabei, „meine<br />
Lust ist, bei den Menschenkin<strong>der</strong>n zu wohnen.Ünd daß diese Lust<br />
nicht eine vorübergehende Gemütserregung, son<strong>der</strong>n eine tief gewurzelte<br />
ewige Neigung ist, das hat von Anbeginn <strong>der</strong> Welt bis auf<br />
diesen Tag ohne Unterbrechung ein Jahrhun<strong>der</strong>t und Jahrtausend<br />
dem an<strong>der</strong>n verkündigt.<br />
Da ist nun fürs erste schon einmal <strong>ins</strong> Auge zu fassen, was für Mühe<br />
sich <strong>der</strong> liebe Gott schon mit den Menschen gegeben hat, ehe noch<br />
ein Mensch vorhanden war; wie er diesen Herrn <strong>der</strong> Erde nicht wie<br />
die übrigen Kreaturen in einem Augenblick durch ein „Werdeßeines<br />
Mundes und einen Akt <strong>der</strong> Gewalt <strong>ins</strong> Dasein rief, son<strong>der</strong>n wie er<br />
ein Töpfer ward um des Menschen willen, wie er denselben nach<br />
und nach mit vielem Fleiß und großer Sorgfalt aus einem Erdenkloß<br />
bildete und dann, nachdem er den Staub geformt, dem irdischen<br />
Gebilde seinen eigenen, heiligen Gottesodem in die Nase blies: „da<br />
ward <strong>der</strong> Mensch eine lebendige Seele.”<br />
Kaum sind nun Menschen da, so ist <strong>der</strong> liebe Heiland auch schon<br />
mitten unter ihnen und wandelt mit ihnen unter den Bäumen des<br />
Gartens. Nun damals, denkt ihr, damals ging’s noch wohl. Das wäre<br />
noch nichts Son<strong>der</strong>liches. Aber wie, wenn ich euch nun sagte, durch<br />
unsern Fall und unsre Sünde sei seine Lust, bei uns zu wohnen, erst<br />
recht bestärkt geworden und warm gemacht, solltet ihr das wohl<br />
glauben können? Und siehe, so ist es wirklich. Nun fingen die Eingeweide<br />
seiner Barmherzigkeit gegen uns zu brausen an; denn er<br />
hat eine gnädige Seele, und Retten ist seine Begierde. Und nun erst<br />
galt’s in vollem Sinn, was Sacharja sagt: „Alles Fleisch sei stille vor<br />
dem Herrn; denn er hat sich aufgemacht aus seiner heiligen Stätte.”<br />
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