Blicke ins Reich der Gnade
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5.2. CHRISTI SPIEL.<br />
Nützliches uns an das Herz zu reden; wenn er die unbedeutendsten<br />
Gegenstände, die uns in unserm alltäglichen Treiben begegnen,<br />
uns so höchst geschickt und artig zu beredten Bil<strong>der</strong>n macht von<br />
allerlei lieblichen, geistlichen Dingen und zu Gedenktäflein, sei es<br />
an eine Lehre o<strong>der</strong> Warnung, an einen Trostspruch o<strong>der</strong> eine Verheißung<br />
und Geschichte in seinem Wort; wenn er auf unsre kle<strong>ins</strong>ten<br />
Wünsche so zarte Rücksicht nimmt und in den geringfügigsten<br />
Angelegenheiten so leutselig mit seinem Rat und Segen uns überrascht<br />
und beim Bibellesen mit heiligem, wun<strong>der</strong>barem Witz, wenn<br />
ich so sagen mag, bald hier, bald dort die unbedeutendste Begebenheit,<br />
den ärmsten, unfruchtbarsten Auftritt o<strong>der</strong> Umstand uns in<br />
ein tiefes, erquickliches, geheimnisreiches Sinnbild o<strong>der</strong> Gleichnis<br />
wandelt und Feigen zaubert an die Distel und süße Trauben an Dornensträuchlein,<br />
so ist das alles ein zärtlich Spielen Gottes bei und<br />
mit den Menschenkin<strong>der</strong>n.<br />
Wollt ihr nun endlich bei dem Wörtlein „spielenäuch noch ans Musizieren<br />
denken, so mag die Weisheit auch in diesem Sinne sagen:<br />
„Ich spielte und spiele auf dem Erdboden.”Ja, alle Musik, die er selber<br />
sich nicht macht auf Erden, ist Mißklang vor seinem Ohr und wie<br />
Gekrächze <strong>der</strong> Raben. Wie er es war, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Harfe Davids so süßen<br />
Klang verlieh und ihre Saiten rührte auf den Hügeln Bethlehems<br />
und die lieblichen Psalmen sang durch den Mund des königlichen<br />
Sängers, so ist er’s noch bis auf diesen Tag, <strong>der</strong> seinen geistlichen<br />
Vöglein die Lippen öffnet und den Wohllaut legt in ihre Stimme,<br />
<strong>der</strong> den Psalter rührt in ihrer Brust und <strong>der</strong> da spielt auf den verborgenen<br />
Saiten ihrer Seele mit dem Hauch seines Mundes. Er ist in<br />
ihrem Seufzen und Jauchzen, in ihren Liebesklagen und Lobgesängen,<br />
in ihrem Geschrei zum Kreuz und ihrem Frohlocken auf den<br />
Bergen <strong>der</strong> Versiegelung, ja in jedem Ach und O des neuen Herzens,<br />
in jedem „Hosianna”<strong>der</strong> Huldigung und jedem „Heah”heiliger Freude<br />
und in dem großen, allgemeinen Tempelchor des sehnenden Jerusalem:<br />
„Ach komm, Herr Jesus, ja komme bald! Amen.”Darin ist<br />
er, <strong>der</strong> Herr und sein Geist; er ist <strong>der</strong> Spieler und Musizierende auf<br />
unsern Herzensharfen, und nur die Lie<strong>der</strong>, die er aus uns sich selber<br />
anstimmt, fallen harmonisch in sein Ohr, wie arm und wie verstüm-<br />
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