Blicke ins Reich der Gnade
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8.14. DIE SATANISCHE ZUMUTUNG.<br />
mit <strong>der</strong> Lust und Herrlichkeit <strong>der</strong> Welt zu überschütten und sie <strong>der</strong>gestalt<br />
auf den Fettweiden des fleischlichen Genusses herumzuführen,<br />
daß endlich selbst die letzte Spur <strong>der</strong> Menschlichkeit an diesen<br />
Gefäßen des Zorns sich verwischt und sie, wie das Vieh, zur Hölle<br />
fahren.<br />
„Dieses alles will ich dir geben, so du nie<strong>der</strong>fällst und mich anbetest:ßo<br />
<strong>der</strong> Versucher zu unserm Herrn. Man denke, <strong>der</strong> Sohn des<br />
lebendigen Gottes soll anbetend <strong>der</strong> alten Schlange seine Knie beugen!<br />
Das ist die frechste und entsetzlichste Zumutung, die je in <strong>der</strong><br />
Welt einem Wesen gemacht worden ist. Freilich erscheint sie als ein<br />
völliges aus <strong>der</strong> Rolle Fallen und mit <strong>der</strong> Verschlagenheit und List<br />
jenes größten Zauberers und Tausendkünstlers und eines so gigantischen<br />
Genies, wie <strong>der</strong> Satan ist, kaum vereinbar. Aber man veranschauliche<br />
sich die mißliche, fatale Lage, in welcher sich <strong>der</strong> Satan<br />
in jenem Augenblick befand, und sein unverschämtes, verfluchtes<br />
Ansinnen wird uns nicht länger befremden können. Die Schleier<br />
sind am fallen, und <strong>der</strong> Teufel ahnt mit steigen<strong>der</strong> Gewißheit, wen<br />
er vor sich habe. Die glänzenden Triumphe, die <strong>der</strong> Herr bis dahin<br />
über ihn und seine fe<strong>ins</strong>ten Künste davongetragen, lassen ihm kaum<br />
mehr einen leisen Zweifel übrig, daß Jesus <strong>der</strong> Christ sei. Auf das<br />
äußerste verstimmt durch die mißglückten Operationen gegen diesen<br />
großen Wi<strong>der</strong>sacher seines <strong>Reich</strong>es und nicht min<strong>der</strong> bestürzt<br />
über die Gefahren, die seiner Herrschaft drohen, sinnt er mit Haß<br />
und Ungestüm auf einen letzten entscheidenden Streich; aber schon<br />
liegt die Reflexion in den Fesseln des Affekts gefangen, und alle Fassung<br />
und Besonnenheit ist in den Feuerwogen verzweiflungsvoller<br />
Wut, die sich wild und gräßlich durch seine Seele wälzen, untergegangen.<br />
Zwar treten ihm jetzt erst, nachdem er über die Person seines Gegners<br />
gewiß geworden, <strong>der</strong> ganze Ernst und die verhängnisvolle Bedeutung<br />
des Kampfes <strong>ins</strong> Bewußtsein, und es ist ihm nicht verborgen,<br />
wie einer von ihnen fallen müsse. „Du,”denkt er, „o<strong>der</strong> ich; entwe<strong>der</strong><br />
ich fange dich, o<strong>der</strong> ich bin gefangen.”Demunerachtet aber<br />
ist sein letzter Anfall, wieviel Kunst und Macht er auch entwick-<br />
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