Blicke ins Reich der Gnade
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5.1. CHRISTI LUST UND<br />
Menschenkind, unser Blutsverwandter, unser Bru<strong>der</strong>. Ja, wir können<br />
das so dahin sagen, als wäre es nichts, und Seraphinen sitzen<br />
nun schon an die zweitausend Jahre auf ihren Hügeln und schauen<br />
hinunter in diesen Liebesabgrund und können den Boden nicht erreichen<br />
und können nicht aufhören zu erstaunen, und <strong>der</strong> Stoff zu<br />
allen ihren Hallelujagesängen wird nur aus dieses Brunnens Grund<br />
geschöpft.<br />
Was hat den Herrn nun dazu getrieben? Doch rein nichts andres, als<br />
weil er Menschen wollte und keine Engel bloß. „Meine Lust ist bei<br />
den Menschenkin<strong>der</strong>n.”Woher aber ist ihm diese gekommen? Woher?<br />
Aus seinem eigenen Herzen, und hier sind wir am Ende: weiter<br />
schauen wir nicht durch. Und nun wißt, liebe Brü<strong>der</strong>, obgleich er<br />
nun nicht mehr im Kripplein liegt, so ist er doch noch Mensch und<br />
unser Bru<strong>der</strong> bis auf diesen Tag, obgleich er wie<strong>der</strong> auf dem Thron<br />
sitzt, und hat noch immer ein menschlich, brü<strong>der</strong>lich Herz und ist<br />
versucht in allem gleichwie wir, daß er wohl Mitleid haben kann<br />
mit unsrer Schwachheit. Und obgleich wir ihn nicht mehr können<br />
auf die Arme nehmen, wie Maria damals und Simeon, so ist darum<br />
seine Lust, bei den Menschenkin<strong>der</strong>n zu wohnen, um nichts geringer<br />
geworden und sein Wohnen unter uns noch ebenso nah, ja viel<br />
näher noch und inniger. Und es ist nun ein Wohnen und kein Herbergen<br />
mehr, noch zu Gast sein, noch ein Aus- und Eingehen; darum<br />
sagt er uns auch, so wie er sei im Heiligtum und in <strong>der</strong> Höhe,<br />
und da ist er ja immer, so sei er auch bei den Seinen auf Erden, also<br />
auch da beständig. Er ist unser Hausgenosse. Halleluja! Und was<br />
für ein Hausgenosse? Ein vornehmer Herr etwa, da es schon Ehre<br />
und <strong>Gnade</strong> genug wäre, daß er nur bei uns abgestiegen und wir ihm<br />
aufwarten könnten, von dem wir aber keine Gegendienste begehren<br />
dürften? Ei, bewahre! Er will dienen, und wir sollen uns dienen<br />
lassen, das sagte er selbst. O welch ein liebenswerter, teurer Gast!<br />
So wird er denn wohl ein Ratgeber sein, den wir in wichtigen Angelegenheiten<br />
fragen dürfen? In wichtigen Angelegenheiten, warum<br />
denn nur in denen gerade? Er will gehalten sein, als gehörte er in die<br />
Familie, will bei allem selbst mit anfassen und zur Hand gehen, im<br />
großen und im kleinen, im wichtigen und geringen. Ihr sollt nur al-<br />
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