Blicke ins Reich der Gnade
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KAPITEL 4<br />
Behagen. Je schwerer die Gefahr, desto seliger die Freistatt, da wir<br />
wohnen. Hört man von da im Geist die Posaunen des Weltgerichts<br />
erklingen, man hört’s mit Jauchzen; je ernster und je schrecklicher<br />
die Zukunft, desto süßer das Gefühl <strong>der</strong> Sicherheit und das Bewußtsein:<br />
„Wir sind geborgen!”Ja, ja, ein kostbar Lager! Da wirf du dich<br />
hinein, tief, tief, wie in ein Meer. Denn wer mit Christus in Gethsemane<br />
im Staub gelegen und mit dem Wurm ein Wurm geworden ist,<br />
<strong>der</strong> darf auch dieses Lager mit ihm teilen.<br />
„Juda soll sich lagern!”Wie aber und in welcher Ordnung? „Wie ein<br />
Webeopfer,ßpricht <strong>der</strong> Herr (Kap. 8,11), <strong>ins</strong> Gevierte, in Gestalt des<br />
Kreuzes. Bedeutsame Lage. Ja freilich, das ganze Juda Gottes, so liegt<br />
es auf dem Kreuz des Hohenpriesters als auf <strong>der</strong> einzigen Blanke, die<br />
aus dem Schiffbruch rettet, als auf dem eigentlichen Fundament all<br />
seines Lebens, Freuens, Hoffens und Erwartens, und was neben diesem<br />
Kreuz liegt, gehört zu Juda nicht. Kreuz unter Judas Füßen und<br />
Knien, Kreuz auf seinem Nacken und seinen Schultern. Ein Kreuzlager<br />
in mancherlei Weise.<br />
Aber wo sind denn Judas Wohnungen und Häuser? Juda liegt im Lager.<br />
Da gibt’s nicht feste Häuser, da sind nur Hütten und Gezelte,<br />
die leicht und ohne Mühe auf- und abgeschlagen werden. Denn die<br />
Kin<strong>der</strong> Juda müssen sich marschfertig halten. Sie sind Gäste in <strong>der</strong><br />
Welt; Gefühl <strong>der</strong> Fremdlingschaft erfüllt die Seele und alles, was in<br />
ihnen ist, ist auf <strong>der</strong> Reise. Sie leben den lieblichsten Verhältnissen<br />
<strong>der</strong> Zeit nur als in Laubhütten, mit losgebundenem Herzen. Die da<br />
Weiber haben, sind als hätten sie keine; und die sich freuen, als freuten<br />
sie sich nicht; und die da kaufen, als besäßen sie nicht; und die<br />
da weinen, als weinten sie nicht; denn sie wissen, auch das Trübsalsleiden<br />
sei nur ein Wohnen in Hütten, ein Übernachten in beweglichen<br />
Zelten. Einen Abend lang währt das Weinen, und am Morgen<br />
kehrt die Freude ein. Wir haben hier keine bleibende Stadt, son<strong>der</strong>n<br />
die zukünftige suchen wir. Ach, selige Kunst, allerwärts und immer<br />
nur im Wan<strong>der</strong>zelten zu übernachten. Das lernt man in <strong>der</strong> <strong>Gnade</strong>nschule.<br />
Es ist nicht auszureden, wie tief und fest die Anker unsers<br />
Herzens im Erdreich <strong>der</strong> Vergänglichkeiten sich verbissen haben.<br />
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