Blicke ins Reich der Gnade
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KAPITEL 3<br />
es nur an aus seinem eigenen Mund; er ist’s wahrhaftig. „Ach, dann<br />
habe ich genug, dann sag nur Amen; dann schließ nur die Predigt;<br />
es ist genug.”Nein, liebe Seele, noch nicht Amen; du sollst noch ein<br />
Mehreres hören. Auch das will <strong>der</strong> Herr dir noch sagen, wie er dich<br />
liebe, und wie seine Mutterliebe beschaffen sei.<br />
„Kann auch ein Weib ihres Kindle<strong>ins</strong> vergessen, daß sie sich nicht<br />
erbarme über den Sohn ihres Leibes?ßo fragt <strong>der</strong> Herr. Bemerkt die<br />
Steigerung in diesen Worten; schon mehrere alte Ausleger machen<br />
darauf aufmerksam und sagen: „Darin liegt die Kraft.”Kann auch ein<br />
Weib vergessen, will <strong>der</strong> Herr zuerst sagen. Ein Weib, vorzugsweise<br />
von Gott in reicher Fülle des Gefühls begabt, kann die auch wohl vergessen,<br />
d.h. aufhören, Liebe zu empfinden. Doch ja, vielleicht vergißt<br />
sie Vater und Mutter und hängt ihrem Mann an; aber wird sie<br />
auch ihres Kindes vergessen können? Nun, es sei ein ungeratenes<br />
Kind; sie zürnt ihm, aber wird sie es darum vergessen, ganz aus ihrer<br />
Liebe ausschließen, aus ihrem Herzen verbannen können? Nimmermehr;<br />
nicht wahr, ihr Mütter? Doch wir nehmen an, sie vergäße<br />
ihren erwachsenen Sohn, ihre entfernte Tochter, sollte sie denn<br />
auch wohl ihres Kindle<strong>ins</strong>, des zarten hilflosen Säuglings, vergessen<br />
und aus ihrer Liebe und Sorge ihn entfernen können? Nein, nein,<br />
wie sollte es möglich sein? Ein Tiger würde das können, aber keine<br />
zärtliche Mutter. Doch wir denken uns Unmögliches möglich; wir<br />
nehmen an: ja, ein Weib könne auch ihres Kindle<strong>ins</strong> vergessen, wird<br />
es denn aber wohl auch mit einer Mutter dahin kommen können,<br />
daß sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes, daß sie ohne<br />
Mitleid ihren Säugling in Elend, Not, Jammer und Schmerz sich<br />
könnte krümmen und verschmachten sehen? Nein, nein, eines Weibes<br />
Auge, das nie geweint, würde da zur Tränenquelle werden; und<br />
wo wäre die Mutter, die da nicht von Herzen ausrufen würde: „Ach,<br />
du mein armes, armes Kind, daß ich für dich leiden könnte!”Wenn<br />
also <strong>der</strong> Herr fragt: „Kann auch ein Weib ihres Kindle<strong>ins</strong> vergessen?”nicht<br />
wahr, so seid ihr Mütter bald mit <strong>der</strong> Antwort zur Hand<br />
und ruft mit einer Stimme: „Nein, nein, das ist nicht möglich!”Nun<br />
so wißt: „So spricht <strong>der</strong> Herr, will auch ich eurer, meiner Kin<strong>der</strong>,<br />
nicht vergessen.Älso er liebt sie mit <strong>der</strong> Zärtlichkeit <strong>der</strong> zärtlichsten<br />
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