Blicke ins Reich der Gnade
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8.9. DER ZWEITE ANFALL.<br />
8.9 Der zweite Anfall.<br />
Der erste Versuch des Teufels gegen Jesus war mißglückt. Ob Jesus<br />
<strong>der</strong> Sohn Gottes sei, konnte er noch nicht wissen, und war er’s,<br />
so hatte ihn die Anfechtung keinen Finger breit aus seiner Mittlerbahn<br />
herausgeworfen. Der Satan machte Anstalt zu einem zweiten<br />
Angriff. Er führt Jesus in die heilige Stadt und stellt ihn auf die<br />
Zinne des Tempels. Vielleicht in einem Gesicht nur? Nein, körperlich,<br />
wie es <strong>der</strong> Buchstabe <strong>der</strong> Geschichte anzunehmen zwingt. Jesus<br />
wurde auf eine übernatürliche Weise fortgerafft, durch die Luft in<br />
einem Augenblick in die heilige Stadt hinübergezaubert und dann<br />
blitzschnell emporgeflügelt auf das platte Dach einer am Bergesabhang<br />
hinausstehenden Seitenhalle des Tempels. Dieselbe Gewalt,<br />
die e<strong>ins</strong>t <strong>der</strong> Heilige Geist in <strong>der</strong> Wüste an Philippus ausübte, war<br />
hier dem bösen Geist von Gott geliehen. Wie ein Adler mit seinem<br />
Raub, so fuhr <strong>der</strong> Fürst <strong>der</strong> F<strong>ins</strong>ternis mit dem Herrn <strong>der</strong> Herrlichkeit<br />
davon. Das ist schauerlich und furchtbar: aber das Schauerlichste<br />
wollte er ja empfinden und erfahren, dem Fürchterlichsten<br />
sich hingeben, um so den Kelch unsers Fluchs rein auszutrinken und<br />
keinen Scherf noch Heller unsrer Schulden unbezahlt zu lassen. Er<br />
wollte ein Spielball sein <strong>der</strong> höllischen Geister damit uns Verfluchte<br />
die Engel Gottes auf sanftern Händen in Abrahams Schoß tragen<br />
könnten. Wußte Jesus jetzt, daß es <strong>der</strong> böse Engel sei, mit dem er’s<br />
zu tun habe? Ich glaube nein; nach einem heiligen Ratschluß Gottes<br />
war es ihm noch immer verborgen, auf daß die Versuchung desto<br />
schwerer würde, aber auch <strong>der</strong> Sieg einen um so größern Wert und<br />
Glanz gewinnen möchte.<br />
Jesus steht auf <strong>der</strong> hohen Tempelzinne, <strong>der</strong> Satan zu seiner Seite.<br />
Ein schwindeln<strong>der</strong> Abgrund zu ihren Füßen. Tief unter ihnen liegt<br />
die Stadt, noch tiefer im Talgrund, wie ein Streiflein, fließt, fast verschwindend,<br />
<strong>der</strong> Bach Kidron. Der Satan gibt sich nun ganz das Ansehen<br />
des wohlmeinendsten Freundes, <strong>der</strong> es von Herzen mit Jesus<br />
halte und, falls er <strong>der</strong> Sohn Gottes sei, einen und denselben Zweck<br />
mit ihm verfolge und nichts so sehnlich wünsche, als daß das Er-<br />
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