Blicke ins Reich der Gnade
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KAPITEL 8<br />
le, von allen <strong>der</strong> ungeschickteste und wie <strong>der</strong> Sturm eines verzweifelnden<br />
Kämpfers, <strong>der</strong> seine Sache verloren gibt und, das Äußerste<br />
wagend, wild und blindlings in die Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Feinde hineinbricht<br />
und sich selbst in ihre Schwerter stürzt. Der letzte Streich, den <strong>der</strong><br />
Teufel wi<strong>der</strong> Jesus führte, war ein Verzweiflungsversuch, bei welchem<br />
es im Grund weniger darauf abgesehen war, den Sohn Gottes<br />
zu überlisten und aus dem Feld zu schlagen, wozu ja nicht viel<br />
Hoffnung mehr übrig war, als zu guter Letzt ihm noch eine empfindliche<br />
Schmähung und Beleidigung zuzufügen und ihm wie mit<br />
einem verächtlichen Fußtritt zu verstehen zu geben, er müsse nicht<br />
denken, daß es ihm gelungen sei, seinem Feind den Nacken zu beugen.<br />
In solcher verzweifelten Gemütsverfassung und vor Ingrimm<br />
schäumend, beginnt <strong>der</strong> Teufel sein magisches Gaukelspiel, rückt<br />
seinem Gegner seinen Zauberspiegel vor die Augen, eröffnet ihm eine<br />
Aussicht nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n in die reizendsten Lustgebiete <strong>der</strong> Welt<br />
und ihre Herrlichkeit und schreit ihn an mit gr<strong>ins</strong>endem Hohn und<br />
wil<strong>der</strong>, teuflischer Verachtung: „Sieh da, das alles dort, den ganzen<br />
Schmaus, die lustigen Sachen alle, die dir ja munden werden,<br />
die sollst du haben, wenn du nie<strong>der</strong>fällst und mich anbetest. Auf<br />
denn! Erraffe die süße Beutel Nie<strong>der</strong> in den Staub und huldige deinem<br />
Herrn und Monarchen!”<br />
Es ließe sich allerdings auch annehmen, <strong>der</strong> Teufel habe aus dem<br />
Umstand, daß Jesus die von ihm begehrten Wun<strong>der</strong>beweise verweigerte,<br />
den Schluß gezogen, er sei <strong>der</strong> Gottmensch nicht, son<strong>der</strong>n<br />
nur irgendein großer Heiliger, aber immer doch ein Mensch, dem<br />
er als solchem wohl schon ein mehreres zumuten und unverlarvter,<br />
gröber und <strong>der</strong>ber kommen dürfte. Indessen scheint die oben angedeutete<br />
Erklärung näher zu liegen. Die satanische Zumutung war,<br />
wie gesagt, ein Akt <strong>der</strong> Verzweiflung und mehr nur ein Ausbruch<br />
lästern<strong>der</strong> Wut und teuflischen Hohns als eigentliche Versuchung.<br />
Auch die Gläubigen haben oft vom Teufel ganz dasselbe zu erleiden,<br />
was ihr Meister erlitt in <strong>der</strong> Wüste, indem <strong>der</strong> Arge auch sie<br />
mit den greulichsten, gottlosesten Zumutungen verfolgt und ihnen<br />
Gedanken durch die Seele jagt, so lästerlich und abscheulich, daß<br />
sie schau<strong>der</strong>nd davor zusammenbeben. Aber nur getrost und unver-<br />
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