Blicke ins Reich der Gnade
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KAPITEL 1<br />
Freundin unter den Töchtern.Ünd welches sind denn die Dornen? Es<br />
sind die vielfachen äußeren und inneren Leiden, von denen ein Erwählter<br />
ohne Aufhören in dieser Welt umgeben ist. Aber also muß es<br />
sein. Diese Dornen sind ihm ein Schirm und Schutz und wie ein Zaun<br />
um ihn her, die ihn fein demütig und beim Herrn halten, die dem<br />
zerstörenden Gewürm <strong>der</strong> Hoffart und des Leichtsinns den Weg versperren.<br />
Ohne seine Schwären hätte Lazarus so schön nicht geblüht,<br />
und Paulus würde ohne den Stachel und Pfahl in seinem Fleisch stolz<br />
geworden sein, und wenn die Gemeinde Gottes von jeher recht im<br />
Gedränge war, so war ihr Glanz am hellsten, und ihre ganze Schöne<br />
ward entfaltet.<br />
Und nun merkt endlich auch noch darauf, wie die Rose wächst, woher<br />
sie ihre Nahrung hat, und wie sie gedeiht! Ihr wißt, sie arbeitet<br />
nicht, auch spinnt sie nicht, sie wiegt sich still im Strahl <strong>der</strong> Sonne<br />
und eröffnet ihren Kelch dem Tau <strong>der</strong> Morgenröte, und daher duftet<br />
und blüht sie am schönsten vor allen Blumen auf dem Feld und<br />
ist schöner gekleidet als Salomo in aller seiner Herrlichkeit. Das soll<br />
uns zur Lehre sein. Besseres können auch wir nicht tun. Mit unserm<br />
Rennen und Laufen ist nichts getan. O wehe, wenn wir uns selbst<br />
erst ans Tun geben, uns selbst unsern geistlichen Unterhalt erwerben,<br />
uns selbst betauen, stärken, heiligen und verklären wollen. Das<br />
ist <strong>der</strong> Weg zum Tode. Unser Leben steht darin, daß wir wandeln im<br />
Licht Jakobs, in <strong>der</strong> Geme<strong>ins</strong>chaft des ewigen Morgensterns. Wohl<br />
dem Menschen, <strong>der</strong> keinen Trost weiß als die <strong>Gnade</strong> des Bürgen<br />
und keine Nahrungsquelle als den offenen Brunnen des Heils, den<br />
Born des Hauses Davids, daraus er täglich und stündlich nimmt und<br />
schöpft! Wohl dem, <strong>der</strong> keine andre Sorge kennt als die, daß er in<br />
jedem Augenblick stehe im Schein <strong>der</strong> Sonne <strong>der</strong> Gerechtigkeit, unter<br />
<strong>der</strong>en Flügel himmlischer Genesung, aufzunehmen den Tau, <strong>der</strong><br />
vom Himmel träufelt, unter dessen Augen immer auf den großen<br />
Hirten <strong>der</strong> Schafe wartet, daß er ihm seine Speise gebe zu seiner<br />
Zeit, seine Hand auftue und ihn sättige mit Wohlgefallen, dem wird<br />
es nie an irgendeinem Guten mangeln! „Sein Brot wird ihm gegeben,<br />
sein Wasser hat er gewiß.”Willst du also grünen, Israel, und blühen,<br />
entfalte in tiefer Bedürftigkeit den Kelch deines Herzens <strong>der</strong> Gna-<br />
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