Dialogue in and between Different Cultures - International ...
Dialogue in and between Different Cultures - International ...
Dialogue in and between Different Cultures - International ...
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
Religiöse Euphemismen im Griechischen und im Deutschen 101<br />
Gebieten Griechenl<strong>and</strong>s, <strong>in</strong> denen Dialekte gesprochen wurden, erhielt der Teufel<br />
die euphemistischen Bezeichnungen ο αμελέτητος (“der, den man nicht erwähnen<br />
darf”), αυτός (“er”), εκείνος (“jener”), ο άλλος (“der Andere”), während verschiedene<br />
Geisterwesen durch die Wörter αερικό (“Luftwesen”), στοιχειό<br />
(sozusagen “Element”), ξωτικό (sozusagen “exotisches Wesen”), άλλος (“der<br />
Andere”) bezeichnet wurden. Die Verwendung der Pronom<strong>in</strong>a ‘der Andere’, ‘er’,<br />
‘jener’ stellt nach Montero (1981:85) e<strong>in</strong>en den e<strong>in</strong>fachen Massen besonders<br />
leicht zugänglichen Mechanismus der Euphemismenbildung dar, der zur<br />
Schaffung komischer Situationen beiträgt.<br />
In verschiedenen Gebieten Griechenl<strong>and</strong>s waren auch schmeichelhafte Ersatzbezeichnungen<br />
für den Teufel und die bösen Geister üblich, z.B. άγγελος<br />
(“Engel”), ο καλός (“der Gute”), ο ευλογημένος (“der Gesegnete”). Im Deutschen<br />
wurden übernatürliche Wesen mit negativen Eigenschaften aus der griechischen<br />
Antike, wie etwa die ‘Rachegött<strong>in</strong>nen’, euphemistisch als ‘Wohlwollende’,<br />
‘Gnädige’ bezeichnet (vgl. Montero 1981:75 und Petropoulos 1971:337).<br />
Petropoulos (1971:337) geht davon aus, dass die Menschen <strong>in</strong> früheren Zeiten an<br />
die magische Kraft der Worte glaubten bzw. an ihre Fähigkeit, auf die D<strong>in</strong>ge<br />
günstig oder schädlich e<strong>in</strong>zuwirken und gefährliche Situationen <strong>in</strong> positive<br />
umzuw<strong>and</strong>eln. Zum Zweck der Besänftigung und Beschwichtigung der ‘schädlichen’<br />
Wesen wurden gegenteilige Begriffe verwendet. Ebenfalls der Besänftigung<br />
dienten Zusammensetzungen mit ‘anti-’, die e<strong>in</strong>e starke Negierung<br />
ausdrückten, wie zum Beispiel <strong>in</strong> αντίσταυρος (“gegen” + “Kreuz”), αντίθεος<br />
(“gegen” + “Gott”).<br />
Me<strong>in</strong>es Erachtens ist es jedoch falsch zu glauben, dass solche Euphemismen<br />
auf Basis der Beispiele, die Petropoulos (1971:343) erwähnt, lediglich <strong>in</strong><br />
Dialekten e<strong>in</strong>e Rolle spielten oder sie e<strong>in</strong>e fossilierte Form darstellen, wie<br />
Cortellazzo (1953:16) h<strong>in</strong>zufügt. In der modernen griechischen St<strong>and</strong>ardsprache<br />
wird der Euphemismus αντίχριστος (“Antichrist”) weiterh<strong>in</strong> häufig anstelle des<br />
Tabuworts ‘Teufel’ benutzt. Auch heute noch hat man Vorurteile gegenüber<br />
derartigen Begriffen. Gerade Menschen mit ger<strong>in</strong>gerem Bildungsh<strong>in</strong>tergrund<br />
haben oft noch das Gefühl, Antonyme hätten e<strong>in</strong>e abwehrende Wirkung und<br />
könnten Übel vertreiben.<br />
Bei den auf Gegenteilen basierenden Begriffen spielt allerd<strong>in</strong>gs neben der<br />
Furcht, die sie ursprünglich geschaffen haben, auch die Ironie e<strong>in</strong>e Rolle. Der<br />
stilistische E<strong>in</strong>druck der Komik bzw. Ironie entsteht aus dem Gegensatz zwischen<br />
dem, was wir glauben, und dem, was Wirklichkeit ist. 3<br />
In beiden Kulturen werden für das Wort ‘Teufel’ Ersatzbegriffe sowohl aus<br />
der Allgeme<strong>in</strong>sprache als auch aus der Sprache der Religion gebraucht – je nach<br />
Bildungsniveau, Gesprächspartnern und gewünschtem Stileffekt 4 verwendet.<br />
3<br />
E<strong>in</strong> wesentliches Merkmal der Ironie ist nach Muecke (1974:81) der Gegensatz zwischen Sche<strong>in</strong><br />
und Wirklichkeit.<br />
4<br />
Diese Faktoren bestimmen nach Coseriu (1981:82, 89) und Charalampaki (1992:45, 49, 51-54)<br />
den Bedeutungsw<strong>and</strong>el.