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Dialogue in and between Different Cultures - International ...

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50 Yana Tregubova<br />

noch um Verständnis gebeten sondern lediglich kurz über die Unannehmlichkeit<br />

<strong>in</strong>formiert (vgl. ebd.:207).<br />

E<strong>in</strong> weiteres Beispiel mit dem gleichen Erklärungsh<strong>in</strong>tergrund bietet die<br />

fehlende Entsprechung für das deutsche ‘Verzeihung’ mit Nachfragefunktion,<br />

also z.B. <strong>in</strong> dem Fall, dass man etwas akustisch nicht verst<strong>and</strong>en hat. Da der/die<br />

Sprecher/<strong>in</strong> nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann, dass er/sie etwas<br />

akustisch nicht verst<strong>and</strong>en hat, muss er/sie sich nicht entschuldigen (vgl.<br />

ebd.:204). Dass die Äußerung e<strong>in</strong>er Entschuldigung “offenbar weniger als edle<br />

Geste denn als wirkliches E<strong>in</strong>geständnis der Schuld gesehen” wird (ebd.:199),<br />

verdeutlicht auch, warum statusbewusste Russ<strong>in</strong>nen und Russen bei sozialer<br />

Distanz dazu tendieren, ihr Fehlverhalten gegenüber den hierarchisch Untergeordneten<br />

entschuldigungslos zu übergehen. Bei schwerwiegenderen Fällen kann<br />

mit e<strong>in</strong>er Erklärung, kaum aber mit e<strong>in</strong>er Entschuldigung gerechnet werden (vgl.<br />

ebd.:199). Die Schuldübernahme ist der Autorität des/der Vorgesetzten nämlich<br />

ziemlich abträglich. Die Tatsache, dass man sich im Russischen tendenziell<br />

seltener entschuldigt, hängt zum großen Teil auch mit e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren<br />

Stellenwert der negativen Höflichkeit zusammen. Dadurch werden viele den<br />

Freiraum des Individuums gefährdende Situationen, die im deutschsprachigen<br />

Kulturraum mit e<strong>in</strong>er Entschuldigung abgemildert werden, nicht als gesichtsbedrohend<br />

erfahren. Aufgrund der fehlenden Gesichtbedrohung wird e<strong>in</strong>e<br />

Entschuldigung entsprechend nicht für nötig gehalten. So werden beispielsweise<br />

Fragen, Ratschläge und Bitten viel seltener als im Deutschen mit Entschuldigungen<br />

e<strong>in</strong>geleitet (vgl. ebd.:193). Ebenso unüblich s<strong>in</strong>d Entschuldigungen für<br />

Störungen oder das Aufhalten e<strong>in</strong>er Person (vgl. ebd.:198). Gar ke<strong>in</strong>en Anlass für<br />

Entschuldigungen bietet Offenheit, wenn man dem/der Gesprächspartner/<strong>in</strong> über<br />

eigene Probleme berichtet (vgl. ebd.:213). Es wäre eher e<strong>in</strong> Fehlverhalten, e<strong>in</strong>er<br />

vertrauten Person se<strong>in</strong>e Probleme zu verschweigen.<br />

Die Beispiele zeigen, dass auch der Sprechakt der Entschuldigung kulturell<br />

geprägt ist. Höflichkeitsansätze s<strong>in</strong>d also nur <strong>in</strong>sofern für kulturkontrastives<br />

Vorgehen hilfreich, wenn sie diese kulturelle Prägung berücksichtigen und<br />

thematisieren.<br />

References<br />

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