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Dialogue in and between Different Cultures - International ...

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Der Sprechakt der Entschuldigung im Deutschen und im Russischen 45<br />

schuldigungen aufzustellen. Se<strong>in</strong>e Unterscheidung <strong>in</strong> E<strong>in</strong>-Wortentschuldigungen,<br />

Entschuldigungen <strong>in</strong> Form von Imperativ- und Aussagesätzen (vgl. 1984:73ff) ist<br />

e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> syntaktische Klassifizierung und ist <strong>in</strong>sofern wenig ergiebig für die<br />

Beschreibung kultureller Unterschiede im Entschuldigungsverhalten.<br />

Rathmayr legt ihrer Entschuldigungstypologie gesprächssituative Kriterien<br />

zugrunde und unterscheidet je nachdem, “welche konversationellen Obligationen<br />

sie [Entschuldigungen] erzeugen” unter: ‘metakommunikativen’, ‘konventionellen’<br />

und ‘substantiellen’ Entschuldigungen (vgl. 1996:100)<br />

9.1. Metakommunikative Entschuldigungen<br />

Zu dieser Kategorie gehören Entschuldigungen, die ke<strong>in</strong>er verbaler Reaktion<br />

seitens des/der Gesprächspartners/<strong>in</strong> bedürfen und sich häufig auf das eigene<br />

sprachliche Verhalten beziehen, z.B. Unterbrechungen, grobe Ausdrucksweisen,<br />

unpassende Vergleiche, Versprecher, thematische Abweichungen usw. (vgl.<br />

Rathmayr 1996:120). Derartige Entschuldigungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den meisten Fällen<br />

präventiv, d.h. sie werden dem Fehlverhalten vorangestellt und haben die Aufgabe,<br />

den Normverstoß anzukündigen und die Regelkenntnis zu signalisieren.<br />

“Die mit ihnen angestrebte Perlokution ist Nachsicht oder Verständnis für die<br />

Regelverletzung” (ebd.:140), die bewusst herbeigeführt wurde. Die Entschuldigung<br />

räumt somit den Vorwurf der mangelnden Erziehung aus dem Weg, noch<br />

bevor er entstehen kann.<br />

Wie die Bezeichnung ‘metakommunikativ’ schon nahe legt, beziehen sich<br />

solche Entschuldigungen auf Verstöße gegen Pr<strong>in</strong>zipien des kommunikativen<br />

Verhaltens oder Konversationsmaximen. So werden beispielsweise Ablehnungen<br />

e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>ladung oder Bitte, Widerspruch und Kritik, die gegen die Zustimmungsmaxime<br />

verstoßen, gerne mit e<strong>in</strong>er Entschuldigung entschärft (vgl. ebd.:126). Die<br />

im Widerspruch zur Relevanzmaxime stehenden abrupten Themenwechsel oder<br />

Abschweifungen können den/die Sprecher/<strong>in</strong> im Russischen sowie im Deutschen<br />

zu e<strong>in</strong>er metakommunikativen Entschuldigung veranlassen (vgl. ebd.:129).<br />

Absichtlich unpassende Wort- sowie Registerwahl verletzt die Modalitätsmaxime<br />

und wird von e<strong>in</strong>em/r höflichen Sprecher/<strong>in</strong> normalerweise durch e<strong>in</strong>e Entschuldigung<br />

e<strong>in</strong>geleitet. Neben der St<strong>and</strong>ardfloskel izv<strong>in</strong>ti/te za vyraženie<br />

(“entschuldige/n Sie den Ausdruck”) ist hier ebenfalls das <strong>in</strong>direkte esli tak možno<br />

vyrazit’sja (“wenn man das so sagen darf”) geläufig (vgl. ebd.:131f).<br />

Interessant ist im Vergleich der Umgang mit Verstößen gegen die Taktmaxime,<br />

laut der man dem Gegenüber nicht ‘zu nahe treten’ und se<strong>in</strong>e Privatsphäre<br />

wahren soll (vgl. ebd.:135). Wie bereits erwähnt, weist das Russische<br />

generell e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere persönliche Distanz auf als das Deutsche. Das erklärt<br />

auch, warum ungebetene Ratschläge, Kommentare oder Kritik im Russischen als<br />

weniger konfliktträchtig und entschuldigungswürdig empfunden werden (vgl.<br />

ebd.:136f). Das Gleiche gilt für die Gesprächseröffnung mit dem/der Unbekannten,<br />

beispielsweise <strong>in</strong> der klassischen Situation, <strong>in</strong> der man um e<strong>in</strong>e Wegbeschreibung<br />

bittet. Dabei s<strong>in</strong>d Entschuldigungen zwecks des Erlangens von Auf-

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