The Oder Estuary - IOW
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• eine Verarmung der Molluskenfauna, die in sich vor allem durch die Dezimierung von<br />
Phytalarten und empfindlichen sauerstoffbedürftigen Arten äußert. Es ist zu prüfen, ob sich<br />
diese Dezimierung zumindest zum Teil auf eine Veränderung des Makrophytenbestandes<br />
zurückführen lässt.<br />
• die Neueinwanderung gebietsfremder Arten.<br />
6.3.2 Einwanderung neuer Arten<br />
Es wurde festgestellt, dass eine Reihe von ursprünglich nicht in der Region beheimateten Arten im<br />
Haff schon lange ansässig sind, andere sind erst innerhalb der letzten 20 Jahre dazugekommen. Im<br />
Folgenden sollen kurz die Gründe für den Erfolg dieser Arten im <strong>Oder</strong>haff und ihre Stellung<br />
innerhalb der Lebensgemeinschaft diskutiert werden.<br />
Die natürliche Dynamik von Ökosystemen bringt eine ständige Veränderung der abiotischen<br />
Rahmenbedingungen mit sich. Dies gilt besonders für junge Systeme und Bereiche, in denen sich<br />
mehrere Systeme überschneiden. Beides trifft auf das <strong>Oder</strong>haff zu. Organismen, die in einer<br />
solchen Umwelt dauerhaft überleben wollen, müssen große Schwankungsbreiten für sich<br />
lebenswichtiger Parameter tolerieren. Die daraus resultierende Artenarmut bietet neu<br />
einwandernden Arten eine Chance, sich schnell und dauerhaft zu etablieren (KINZELBACH 1999 in<br />
UMWELTBUNDESAMT (ed.) 1999). Barrieren wie Ozeane, Gebirge oder Wasserscheiden waren<br />
jedoch immer natürliche Grenzen der Expansion, die sich nur von wenigen Arten und innerhalb<br />
langer Zeiträume überwinden ließen. Für KINZELBACH (2001) ist daher der Begriff des ‚Neozoons’<br />
fest mit dem Menschen als Werkzeug seiner Verbreitung verbunden, der ihm die Ausbreitung auch<br />
über solche natürlichen Barrieren hinweg ermöglichte.<br />
Für aquatische Lebensräume sind insbesondere die Wasserscheiden von Bedeutung. Erst der Bau<br />
von Kanalsystemen zwischen den großen Strömen ermöglichte z. B. Arten des pontokaspischen<br />
Raums die Einwanderung in die Systeme von Weichsel, <strong>Oder</strong> und Rhein. Der zunehmende<br />
Schiffsverkehr beschleunigte die Verbreitung vieler Arten. Durch den seit Mitte des 20sten<br />
Jahrhunderts expandierenden interkontinentalen Austausch sind auch die großen Ozeane für viele<br />
Organismen überwindbar geworden. Diese Faktoren wirkten sich im Laufe der letzen 150 Jahre auf<br />
die Artenzusammensetzung des <strong>Oder</strong>haffs aus.<br />
Die Dreikantmuschel Dreissena polymorpha wird bereits von BRANDT (1896/97) als „ ... bei<br />
weitem am zahlreichsten von grösseren wirbellosen Thieren ...“ beschrieben. Die Art erreichte das<br />
<strong>Oder</strong>haff vermutlich Ende des 19. Jahrhunderts aus dem pontokaspischen Raum (GRUSZKA 1999),<br />
sie war also in der Lage, sich innerhalb kürzester Zeit fest zu etablieren. Die Tatsache, dass D.<br />
polymorpha als einzige Süßwassermuschel freischwimmende Larvenstadien bildet mag zu ihrer<br />
raschen Verbreitung beigetragen haben (SCHMEDTJE & KOHMANN 1992 in BLfW (ed.) 1996).<br />
Einen Konkurrenzvorteil bietet ihr vor allem ihre ausgeprägte Toleranz gegenüber den<br />
Salinitätsschwankungen im Haff; von REMANE & SCHLIEPER (1971) wird angegeben, dass sich<br />
Dreissena mit dauerhaft bis zu 5,6 ‰ Salzgehalt arrangieren kann. Eine weitere Besonderheit<br />
besteht in der Habitatwahl der Art. Während alle anderen Haffmollusken sandiges und schlickiges<br />
Substrat bevorzugen ist D. polymorpha ein Bewohner von Hartsubstrat. Da die Ostseeart Mytlus<br />
edulis, die ebenfalls auf Hartsubstraten vorkommt, im Haff nur ausnahmsweise auftritt, ist<br />
Dreissena bezüglich ihres Habitats im Haff als nahezu konkurrenzlos anzusehen. Lediglich<br />
Corophium curvispinum (Crustacea) kann Ihr durch den Bau seiner Wohnröhren Hartsubstrate<br />
streitig machen. Wie bereits erwähnt besiedelt sie die Bänder aus angeschwemmten<br />
Muschelschalen, die sich am Rande der sandigen Flachwasserbereiche ansammeln. Die so<br />
entstandenen Muschelbänke bieten einer Biozönose aus Crustaceen, Hirudineen und einigen<br />
Molluskenarten (Bithynia tentaculata, Valvata piscinalis, Potamopyrgus antipodarum u. a.) einen