aktuelle Version des Vorlesungsskripts - ZIB
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3.3 Graphentheoretische Optimierungsprobleme: Beispiele<br />
Das Problem <strong>des</strong> kürzesten Weges gibt es auch in einer ungerichteten <strong>Version</strong>. Hier<br />
sucht man in einem Graphen G = (V, E) mit Entfernungen ce ≥ 0 für alle e ∈ E bei<br />
gegebenen Knoten u, v ∈ V , = v, einen kürzesten [u, v]-Weg. Analog kann man nach<br />
einem kürzesten Weg gerader oder ungerader Länge fragen.<br />
Natürlich kann man in allen bisher angesprochenen Problemen, das Wort “kürzester”<br />
durch “längster” ersetzen und erhält dadurch Probleme der längsten Wege verschiedener<br />
Arten. Hätten wir beim Problem <strong>des</strong> kürzesten Weges nicht die Beschränkung cij ≥ 0 für<br />
die Zielfunktionskoeffizienten, wären die beiden Problemtypen offensichtlich äquivalent.<br />
Aber so sind sie es nicht! Ein Spezialfall (Zielfunktion ce = 1 für alle e ∈ E) <strong>des</strong> Problems<br />
<strong>des</strong> längsten Weges ist das Problem zu entscheiden, ob ein Graph einen hamiltonschen<br />
Weg von u nach v enthält. △<br />
Anwendungen dieses Problems und seiner Varianten sind offensichtlich. Alle Routenplaner,<br />
die im Internet zur Fahrstreckenplanung angeboten werden oder zur Unterstützung<br />
von Autofahrern in Navigationssysteme eingebaut sind, basieren auf Algorithmen zur<br />
Bestimmung kürzester Wege. Die Route jeder im Internet verschickten Nachricht wird<br />
ebenfalls durch (mehrfachen) Aufruf eines Kürzeste-Wege-Algorithmus ermittelt. Eine<br />
Anwendung aus der Wirtschafts- und Sozialgeographie, die nicht unbedingt im Gesichtsfeld<br />
von Mathematikern liegt, sei hier kurz erwähnt. Bei Fragen der Raumordnung und<br />
Lan<strong>des</strong>planung werden sehr umfangreiche Erreichbarkeitsanalysen angestellt, um Einzugsbereiche<br />
(bzgl. Straßen-, Nahverkehrs- und Bahnanbindung) festzustellen. Auf diese<br />
Weise werden Mittel- und Oberzentren <strong>des</strong> ländlichen Raumes ermittelt und Versorgungsgrade<br />
der Bevölkerung in Bezug auf Ärzte, Krankenhäuser, Schulen etc. bestimmt.<br />
Ebenso erfolgen Untersuchungen bezüglich <strong>des</strong> Arbeitsplatzangebots. Alle diese Analysen<br />
basieren auf einer genauen Ermittlung der Straßen-, Bus- und Bahnentfernungen (in<br />
Kilometern oder Zeiteinheiten) und Algorithmen zur Bestimmung kürzester Wege in den<br />
“Verbindungsnetzwerken”.<br />
(3.9) Das Zuordnungsproblem (assignment problem). Gegeben sei ein bipartiter<br />
Graph G = (V, E) mit Kantengewichten ce ∈ R für alle e ∈ E, gesucht ist ein Matching<br />
in G maximalen Gewichts. Man nennt dieses Problem das Matchingproblem in bipartiten<br />
Graphen oder kurz bipartites Matchingproblem. Haben die beiden Knotenmengen in der<br />
Bipartition von V gleiche Kardinalität und sucht man ein perfektes Matching minimalen<br />
Gewichts, so spricht man von einem Zuordnungsproblem. Es gibt noch eine weitere<br />
Formulierung <strong>des</strong> Zuordnungsproblems. Gegeben sei ein Digraph D = (V, A), der auch<br />
Schlingen haben darf, mit Bogengewichten (meistens wird unterstellt, dass D vollständig<br />
ist und Schlingen hat), gesucht ist eine Bogenmenge minimalen Gewichts, so dass jeder<br />
Knoten von D genau einmal Anfangs- und genau einmal Endknoten eines Bogens aus B<br />
ist. (B ist also eine Menge knotendisjunkter gerichteter Kreise, so dass jeder Knoten auf<br />
genau einem Kreis liegt. Eine Schlinge wird hierbei als ein gerichteter Kreis aufgefasst.)<br />
Wir wollen dieses Problem gerichtetes Zuordnungsproblem nennen. △<br />
Das Zuordnungsproblem hat folgende “Anwendung”. Gegeben seien n Männer und n<br />
Frauen, für 1 ≤ i, j ≤ n sei cij ein “Antipathiekoeffizient”. Gesucht ist eine Zuordnung<br />
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