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Ein Computerlinguistisches Lexikon als komplexes System

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Morphologische <strong>Ein</strong>heiten und Prozesse<br />

haben. Haus und Häus sind gleichberechtigte allomorphe Flexionsstammformen<br />

und gleichberechtigte allomorphe Derivationsstammformen: Der Umlaut<br />

in der einen Form ist weder für den Status noch für die Verarbeitung relevant.<br />

Öf und Äug lassen sich trotz Umlautung und Tilgung eindeutig den Paradigmen<br />

Ofen und Auge zuordnen, wie die Verkleinerungsformen Öfchen ’kleiner<br />

Ofen’ und Äuglein ’kleines Auge’ zeigen. Stammformen bieten ein sauberes Konzept<br />

für eine Behandlung von Wort(formen)bildung im Rahmen von Item and<br />

Arrangement.<br />

Exkurs: Flexion und Wortbildung Kompositionsstammformen verbinden<br />

sich mit Flexionsstammformen zu Flexionsstammformen. Derivationsstammformen<br />

verbinden sich mit Wortbildungsaffixen ebenfalls zu Flexionsstammformen.<br />

Derivations- und Kompositionsstammformen können nicht am Ende einer<br />

Wortform auftreten, Flexionsstammformen hingegen schon. An sie können nur<br />

noch Flexionsaffixe angehängt werden. Fuhrhop (1998) bezeichnet Flexionsstammformen<br />

daher auch <strong>als</strong> Grundstammformen. Damit ist das funktionale<br />

Gegenstück zur Grundform in einem Paradigma (vgl. Abschnitt 2.1.2) benannt:<br />

<strong>Ein</strong> Lexem steht für ein Paradigma und wird durch eine Grundform repräsentiert.<br />

<strong>Ein</strong>ige der Wortformen aus dem Paradigma treten in der Funktion von<br />

Flexionsstammformen auf. <strong>Ein</strong>e dieser Flexionsstammformen vertritt das Paradigma<br />

funktional, das ist die Grundstammform.<br />

Die Bildung der Wortform kann im Deutschen auf die Flexionsstammform<br />

begrenzt werden, da in dieser Sprache die Flexion im Allgemeinen am Wortrand<br />

stattfindet, nicht im Wort. Eisenberg nennt zwei Gegenbeispiele, zum<br />

einen die Demonstrativpronomen derjenige, diejenige, dasjenige, zum anderen<br />

die Wortformen Kindchen und Kinderchen (vgl. Eisenberg (1994), S. 201),<br />

die man <strong>als</strong> Wortformen eines Paradigmas auffassen könnte, da die erste<br />

nur im Singular, die zweite nur im Plural verwendbar ist. Im vorliegenden<br />

Modell können sie allerdings auch <strong>als</strong> Wortformen zweier verschiedener<br />

(defektiver) Paradigmen Kindchen und Kinderchen angesehen werden,<br />

wobei sich die Wortform Kinderchen aus der Derivationsstammform Kinder und<br />

dem Derivationssuffix -chen zusammensetzt. 8 Die oben angesprochenen Demonstrativpronomen<br />

hingegen und Lehnwortformen wie Singularetantum mit<br />

Pluralform Singulariatantum (vgl. Duden (2001), S. 1455) und Pluraletantum<br />

mit Pluralform Pluraliatantum (vgl. Duden (2001), S. 1219) fasse ich <strong>als</strong> Ausnahmen<br />

auf. Dementsprechend sind im Deutschen Flexionssuffixe die einzigen<br />

<strong>Ein</strong>heiten, die nicht in der Funktion einer Stammform auftreten, sondern eine<br />

Wortform ’abschließen’. Diese Tatsache rechtfertigt nach meiner Ansicht bereits<br />

8 An den Beispielen Mütter ¡ chen und Hühner ¡ ei ist leicht ersichtlich, dass eine Kompositionsstammform<br />

zwar aussehen kann wie eine Pluralform, aber semantisch nichts mit dieser zu tun<br />

haben muss: Weder die Verkleinerungsform einer Gruppe von Großmüttern noch das eine Ei<br />

von mehreren Hühnern erscheinen plausibel.<br />

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