1920-Placidus Plattner - Ein Veteran - Burgenverein Untervaz
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II. Der Epiker.<br />
In diese Kategorie gehören zwei grössere Arbeiten: Die Uebersetzung der<br />
"Rhäteis" von Simon Lemnius, und das "Lied von den ersten Eidgenossen".<br />
Bevor aber hier der Dichter an die Reihe kommt, müssen wir noch etwas vom<br />
Historiker und Philologen sagen.<br />
<strong>Plattner</strong> hat den Lemnius nicht "entdeckt", aber doch eigentlich wie: der<br />
bekannt gemacht und speziell sein Epos, wie P. Carnot schreibt, aus, dem<br />
Schutte dreier Jahrhunderte und aus den Truhen einiger alten Familien<br />
hervorgezogen. Wir halten uns an die <strong>Ein</strong>leitungen, die der Verfasser seinen<br />
Werken vorangestellt hat.<br />
Dieser Lemnius ist ein merkwürdiger Mann. Im Münstertal geboren, zog er<br />
als Student nach Augsburg, München, Ingolstadt und Wittenberg, wo er<br />
besonders von Melanchthon in die klassischen Sprachen sich einführen liess.,<br />
Wegen Epigrammen eingeklagt (und später verurteilt), flüchtete er zu seinem<br />
Gönner, dem Kurfürsten von Mainz, nach Halle<br />
S. 39: und kehrte nach einigen Jahren in die Hauptstadt seiner Heimat zurück, wo er<br />
der Poesie lebte und unter anderem auch die Odyssee ins Lateinische<br />
übersetzte. <strong>Plattner</strong> schreibt von dieser Arbeit: "An Eleganz und Reinheit der<br />
Form, wie an Elastizität des Ausdrucks ist diese geniale Umdichtung der<br />
grossen griechischen Epopöe noch zur Stunde unübertroffen." Das Werk,<br />
sowie die Uebersetzung des Dionysos erhoben den Autor rasch zu<br />
europäischem Rufe. Den Schlusstein seiner dichterischen Tätigkeit bildet die<br />
Rhäteis, in welcher Lemnius die Kämpfe und Siege der Bündner und<br />
Eidgenossen besingt im Kriege wider Tyrol, Kaiser Maximilian, und den<br />
schwäbischen Bund im Jahre 1499. <strong>Plattner</strong> erklärt den Verfasser dieses<br />
Heldengedichtes, am Ausgange des kriegerischen Zeitalters der Schweiz, als<br />
ihren grössten und genialsten Epiker. Gegenüber diesem ächten Homeriden<br />
treten alle andern weit in den Hintergrund. Es war ein grosses und<br />
patriotisches Unternehmen, die entschwundene Heldenzeit, deren Abendrot<br />
noch an des Dichters Wiege geleuchtet, nach dem Vorbilde Virgils in einer<br />
grossen, in ächt klassischem Geiste entworfenen und ausgeführten<br />
Heldendichtung in der Erinnerung festzuhalten, und den zersetzenden<br />
Wirkungen des kirchlichen Haders und unauslöschlicher Zwietracht durch