1920-Placidus Plattner - Ein Veteran - Burgenverein Untervaz

- 97 -
Doch nein! Wir wollen, wir es sühnen,
Ward Dir der Kranz so spät geweiht.
Bis an den Felsen Blätter grünen,
Bei uns, beim kommenden Geschlecht.
Du weisst es ja, da braucht es Zeit.
Da ist zu uns aus schöner Zeit
Der Sänger Wilhelm Tells gekommen,
Von seinem Kranz hat er genommen
Den Zweig und hat ihn Dir geweiht.
Doch lieber als ein Kranz des Ruhmes,
Als selbst ein Epitaph aus Erz,
Am Pfeilerschaft des Heiligtumes,
Ist Dir des Bündnervolkes Herz.
Das Bündnervolk, das Schweizerland,
O sieh, es hat Dich nicht vergessen.
Froh wird der späte Enkel messen
Die Spenden Deiner reichen Hand.
Herrlich, sinnig, zart, tief empfunden und - sehr wahr:
"Doch weil Du sangst von alter Zeit,
Hat Dich die junge Welt vergessen."
Doch wir nicht, die Alten, und darum wollten wir den Jungen zeigen, was ein
Alter gearbeitet und geleistet, und zwar einer, der noch lebt, gearbeitet für
unsern Verein, für seine Ideale, für das Wahre, Gute und Schöne, für
Vaterland, Volk und Kirche, gearbeitet neben den vielen Berufsgeschäften, in
jungen Jahren schon und das ganze Leben lang.
Das ist die eine Seite. Dann würden wir dem hochverdienten Veteranen in
Chur auch gern eine kleine Freude bereitet haben, allein neben der Literatenund
Dichter-Corona der Schillerstiftung mit dem goldenen Kranze und neben
dem Bündner Sänger mit der Zauberharfe machen wir mit dem Ginster-
Sträusschen doch eine gar zu bescheidene Figur. Eines tröstet uns: Der
Jubilar hat stets redliches Streben zu schätzen gewusst, auch wenn oft Kraft
und Können hinter dem Wollen zurückgeblieben.