Handreichung zur Kommunalen Entwicklungspolitik - BMZ
Handreichung zur Kommunalen Entwicklungspolitik - BMZ
Handreichung zur Kommunalen Entwicklungspolitik - BMZ
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Handlungsfelder und Perspektiven der <strong>Kommunalen</strong> <strong>Entwicklungspolitik</strong><br />
Idealtypen des Bürgerhaushalts<br />
1. Modell Porto Alegre<br />
Das Modell zielt auf die partizipative Demokratie.<br />
Es geht also weniger um Konsultation, sondern um<br />
Mitbestimmung (s. Kasten).<br />
2. Bürgernahe Beteiligung<br />
Das Bürgerhaushaltsmodell agiert „top-down“, rein<br />
konsultativ und wird auch auf Quartiersebene durchgeführt.<br />
3. Konsultation öffentlicher Finanzen<br />
Dieses Verfahren ist auf Transparenz und Konsultation<br />
ausgerichtet. Die Modernisierung der Verwaltung<br />
steht im Vordergrund und weniger der Gedanke der<br />
Partizipation. Dieses Verfahren ist der in Deutschland<br />
dominierende Idealtyp.<br />
4. Öffentlich-privater Verhandlungstisch/<br />
Multi-Stakeholder Partizipation<br />
Bei diesem Public Private Partnership-Modell ist die<br />
Bürgerschaft nur ein Akteur neben Firmen, Staat und/<br />
oder internationalen Organisationen. Im Fokus steht<br />
die Konsensorientierung und weniger Empowerment<br />
oder soziale Gerechtigkeit.<br />
5. Community Fonds auf Quartiers- und auf<br />
Stadtebene<br />
Beim Modell der Gemeinwesensentwicklung<br />
(Community Development) bestimmen Bürger mit<br />
über die Verteilung von Fonds für lokale Projekte<br />
im Quartier und können diese selbst umsetzen.<br />
Dieses Verfahren erzielt vor allem Effekte im Bereich<br />
„Empowerment“ und soziale Gerechtigkeit und<br />
weniger im Bereich Verwaltungsmodernisierung.<br />
6. Repräsentation organisierter Interessen<br />
Im Zentrum des neo-korporatistischen Modells stehen<br />
Beiräte organisierter Interessensgruppen wie Gewerkschaften,<br />
Arbeitgeber, Vereine, Kirchen und Universitäten.<br />
Konsensorientierung steht hier im Fokus.<br />
Ausgehend von diesen sechs weltweit verbreiteten Idealtypen<br />
des Bürgerhaushalts lassen sich für deutsche Kommunen<br />
folgende Empfehlungen für ein Lernen von anderen<br />
Idealtypen ableiten:<br />
• Ländlich strukturierte Kommunen in strukturschwachen<br />
Räumen können vom Community-Bürgerhaushalt,<br />
eventuell – bei sehr knappen Ressourcen – verbunden<br />
mit Elementen des Multi Stakeholder-Partizipation<br />
profitieren, da diese Bürgerhaushalts-Typen die Mitarbeit<br />
der Bürgerschaft fördern und sich somit auf die<br />
Nachhaltigkeit von Maßnahmen auswirken.<br />
• In Großstädten entwickeln sich häufig Stadtquartiere<br />
mit sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten und<br />
Stadtteile, in denen sich überwiegend wohlhabende<br />
Bevölkerungsschichten ansiedeln. In Großstädten<br />
mit sozialräumlichen Spaltungen kann der Idealtyp<br />
des „Community Developments“ ratsam sein. Beim<br />
„Community Development“ organisieren Vereine<br />
und Agenturen als selbstständige Akteure, verhandeln<br />
mit der Verwaltung über Finanzierungen und setzen die<br />
Projekte selber um.<br />
• Viele deutsche Kommunen sind in den nächsten Jahrzehnten<br />
einem demografischen Wandel ausgesetzt – in<br />
Form von Schrumpfung oder Wachstum. Für Kommunen<br />
im demografischen Wandel empfiehlt sich eine<br />
Mischung aus Bürgerhaushalt und partizipativer<br />
Stadtplanung.<br />
• Eine Adaption des Modells aus Porto Alegre stellt eine<br />
Option dar, auf neue Anforderungen zu reagieren und<br />
die Verteilung der öffentlichen Mittel anzupassen. Neuankömmlinge<br />
können sich Gehör verschaffen und damit<br />
besser integriert werden.<br />
Neben kommunalen Partnerschaften sind auch nationale<br />
wie internationale Netzwerke zu Bürgerhaushalten ein<br />
idealer Ort zum Erfahrungsaustausch und zum gegenseitigen<br />
Lernen. Durch die Mitarbeit in solchen Netzwerken<br />
und inhaltliche Kooperationen zum Thema Bürgerhaushalt<br />
können sich weitere fruchtbare Handlungsmöglichkeiten in<br />
der <strong>Kommunalen</strong> <strong>Entwicklungspolitik</strong> für die Kommunen<br />
herausbilden. Speziell zum Thema Bürgerhaushalte gibt<br />
36 > DIALOG GLOBAL 28