Handreichung zur Kommunalen Entwicklungspolitik - BMZ
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Handlungsfelder und Perspektiven der <strong>Kommunalen</strong> <strong>Entwicklungspolitik</strong><br />
Der Bürgerhaushalt übt demokratische Verfahren ein. Er<br />
erfordert ein hohes Maß an Dialogfähigkeit sowie Geduld<br />
und Vertrauen, unterschiedliche Sichtweisen und Interessenslagen<br />
von Politikern und Bürgern auszuhalten und als bereichernd<br />
zu empfinden. Daher trägt der prozessoffene und in<br />
weiten Teilen experimentelle Charakter des Bürgerhaushalts<br />
erheblich <strong>zur</strong> politischen Bildung auf allen Seiten bei.<br />
Der Bürgerhaushalt kann auch als „vertrauensbildende<br />
Maßnahme“ zwischen Bürgern, Verwaltung und<br />
Po litik genutzt werden. Trotz des hohen Aufwands kann<br />
der Bürgerhaushalt Erfolgsstrategien für einen sachgerechteren<br />
Haushalt liefern, die Akzeptanz in Zeiten schwieriger<br />
Haushaltslage erhöhen und insgesamt die Glaubwürdigkeit<br />
der Demokratie stärken. 36<br />
2.2.2 Bürgerhaushalte in Deutschland<br />
Das Verfahren des Bürgerhaushaltes, so wie es in Deutschland<br />
seit 1998 praktiziert wird, basiert auf drei Schritten: Information,<br />
Konsultation und Rechenschaft. In der Informationsphase<br />
werden Einnahmen und Ausgaben des öffentlichen<br />
Haushalts in Broschüren, Versammlungen oder via Internet<br />
erläutert. Im zweiten Schritt der Konsultation werden im<br />
Rahmen von Bürgerversammlungen, Umfragen oder Internet-<br />
Diskussionen Anregungen gesammelt. Die Rechenschaft über<br />
den Prozess des Bürgerhaushalts sowie die aufgegriffenen<br />
oder nicht umgesetzten Vorschläge seitens der Verwaltung<br />
erfolgt abschließend im dritten Schritt. Das Modell der Konsultation<br />
zu öffentlichen Finanzen ist derzeit das typische<br />
Kennzeichen des deutschen Bürgerhaushalts.<br />
Effekte des Bürgerhaushalts<br />
• trägt <strong>zur</strong> Bürgerkommune bei<br />
• schafft ein neues, partnerschaftliches Verhältnis zwischen<br />
Bürgern, Verwaltung und Politik<br />
• zielt auf gemeinsame Anstrengung und Dialog <strong>zur</strong><br />
Lösung der Probleme der Kommune<br />
• entwickelt Entscheidungshilfen für die Politik und Verwaltung<br />
• schafft Akzeptanz für Entscheidungen von Politik und<br />
Verwaltung<br />
• trägt <strong>zur</strong> Modernisierung der Verwaltung bei<br />
• fördert die politische Bildung und Aktivierung der Bürger<br />
Die Stadt Münster wirbt an Infoständen in den Stadtteilen für den<br />
Bürgerhaushalt - Foto: Stadt Münster<br />
Die ersten Bürgerhaushalte in Deutschland orientierten sich<br />
am Vorbild der neuseeländischen Stadt Christchurch, wo<br />
der Bürgerhaushalt hauptsächlich als ein Mittel betrachtet<br />
wurde, die Bürger über den öffentlichen Haushalt zu informieren<br />
und Anregungen für die Verbesserung von kommunalen<br />
Dienstleistungen zu erhalten. 37<br />
In der ersten Phase der Bürgerhaushalte in Deutschland von<br />
1998 bis 2004 wurde das beschriebene dreistufige Verfahren<br />
„Information, Konsultation und Rechenschaft“ eingeführt.<br />
36 Vgl. Servicestelle Kommunen in der Einen Welt: Vom Süden lernen,<br />
Bürgerhaushalte weltweit – eine Einladung <strong>zur</strong> globalen Kooperation,<br />
Dialog Global, Heft 25, Bonn, 2010<br />
37 Vgl. Servicestelle Kommunen in der Einen Welt: Internationaler Kongress<br />
zu Modellen des Bürgerhaushalts, Dokumentation, Dialog Global,<br />
Heft 24, Bonn, 2010, S.17f.<br />
38 > DIALOG GLOBAL 28