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19 SOMMER & WINTER 122<br />
vor der kirche ist eine bühne aufgebaut. ich schaue mir die stände der kunst-<br />
handwerker an, handgemachte musikinstrumente, gogos, trommeln, rasseln. ein<br />
caribisches schlagholz aus bambus, um den bauch gebunden, gibt in hellen, kur-<br />
zen calypsoschlägen den takt an, obendrüber 2 xylophone & eine mar<strong>im</strong>ba mit<br />
pergamentzungen an den kalebassen. auf schweren, fellbespannten holzkörpern<br />
sitzen 4 trommler & legen den baßteppich für eine kleine session. ich greife einen<br />
shaker & halte mit. den ellenbogen gerade vor meinem körper, das handgelenk<br />
auf & ab wippend versuche ich, den weißen schlag zu vermeiden. weiter hinten<br />
verkauft eine süße, kurzhaarige perle in einem orangen, hautengen overall geba-<br />
tikte klamotten an die zahlenden touristen. wir lachen uns an, & ich muß an<br />
nina denken, die jetzt <strong>im</strong> verschneiten boulder ihr bienenwachs in der kleinen,<br />
lichtlosen küche <strong>im</strong> souterrain des grand view über chinesische baumwollhemden<br />
gießt, um sie nach ein paar färbungen & einer guten, chemischen reinigung auf<br />
der mall zu verkaufen.<br />
als ich das 2te mal in ihre küche komme, fühle ich mich zu hause & gebor-<br />
gen, lege mein sakko über den stuhl & stelle die schuhe neben das große bett.<br />
ich habe ihr auf der wanderung durch den park zum red arc einen blumenstrauß<br />
gepflückt, überwiegend silbrig trockene, kleine, feste stiele mit ein paar ocker-<br />
grün sch<strong>im</strong>mernden blättern, einem reisig thymian & 2 winzigen, blau blühenden<br />
halmgewächsen. das gebinde freut sie sichtlich & erhält einen platz neben den<br />
anderen getrockneten sträuchern auf einer leine über dem herd. nina holt aus<br />
dem kühlschrank einen frischen salat mit viel knoblauch, den wir zusammen mit<br />
einem kräutertee & einer soyamilch verzehren.<br />
sie hat, für americanische verhältnisse ungewöhnlich, ein bißchen guten,<br />
schwarzen afghanen <strong>im</strong> haus, & ich baue eine winzig kleine tüte, gerade groß ge-<br />
nug, um den herrlich waldigen geschmack des harzes zu spüren. sie selbst raucht<br />
lieber pur & n<strong>im</strong>mt ein kleines holzbrett mit einer nadel, auf der die ecke unter<br />
einem glas glüht. ich bin an der reihe. ich kann vor lauter gier den hals nicht<br />
vollkriegen, so daß ich prustend husten muß, & wir beide über meine ungeduld<br />
lachen. das kleine schlafz<strong>im</strong>mer ist heute merklich aufgeräumt, der teppich rings<br />
ums bett an manchen stellen zu erkennen & die vielen stoffreste ordentlich an<br />
einer wand neben die kassetten gestapelt. wir legen eine alte jony mitchell auf-<br />
nahme ein & wechseln nach dem 2ten stück zu stievie wonder. nina hält sich dicht