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13 YOGA 90<br />
jede katze ohne eigenen willen & ohne den selbstdenkenden, entscheidungsfähi-<br />
gen verstand & jeder hörige, reumütige hund weiß mehr über sich als der durch-<br />
schnittswestler mit durchschnittsstuhl, obwohl beide in einer kultivierten welt der<br />
zivilisation leben, weit ab vom echten, sowieso zu kurzen leben, das schmerzhaft<br />
& lustvoll, anstrengend & süß zugleich ist.<br />
der geist des yoga ist seine materie, denn außer materie gibt es nix, oder fast<br />
nix auf der runden, sich drehenden erde, & alles, was ist, lebt durch die mate-<br />
rie & in ihr. nicht der wille ist es, der den körper bewegt, sondern es ist der<br />
körper selbst, der sich bewegt, angeregt durch den willen, den freien willen, das<br />
einzig wirklich freie, was menschen seit menschengedenken besitzen. es ist der<br />
wille, der den körper veranlaßt, sich seiner vielen möglichen bewegungen zu erin-<br />
nern, schmerzhaft & lustvoll zugleich, wie jede körperliche erfahrung, & es ist der<br />
körper, der sich bewegt, ohne den willen verdammt dazu, auf der <strong>im</strong>mergleichen<br />
bahn, in unendlicher, nie endender form sich zu wiederholen.<br />
schau dir an, wie eine katze ihren buckel macht, oder wie der hund mit dem<br />
kopf nach unten die vorderläufe ausstreckt, die hüften hoch gegen den h<strong>im</strong>mel<br />
lang machend, einen bogen schlägt mit seinem rücken, um seine gelenke in eine<br />
sanfte spannung zu versetzen.<br />
ich weiß, daß die erfahrung nicht schmerzfrei & lustlos vonstatten geht, wie<br />
eine geistige erkenntnis. der körper denkt mit seiner chemie, die er benötigt, um zu<br />
tun, wozu er in der lage ist, & jede bewegung, wenn sie zum ersten mal ausgeführt<br />
wird, erzeugt einen aha-effekt, über die hier-bin-ich-also-formel, deren gesammelte<br />
kraft als informationsschmerz spürbar wird, als das erste gefühl, als ich auf die<br />
runde, sich drehende erde kam & meine lungen sich aufblähten & mit luft füllten,<br />
& ich den schmerz laut in die welt schreien konnte. was damals automatisch<br />
vorwärts ablief, geht jetzt bewußt rückwärts. ich benutzte meinen atem, um die<br />
nötige energie aufzubringen, die mir fehlt, wenn ich den informationsschmerz als<br />
anzeige für energiemangel spüre.<br />
ich atme tief & bewußt, durchdringend & kraftspendend das einzige ein, was<br />
auf der runden, sich drehenden erde noch umsonst zu haben ist, den brennstoff,<br />
den die pflanzenwelt als nebenprodukt der photosynthese erzeugt, & wenn ich<br />
richtig atme, nicht krampfhaft nach luft ringe, sondern angstfrei & ruhig meine<br />
lungen fülle, indem ich den unteren bauch ausstrecke & wie einen bogen spanne,